
© Manfred Thomas
Vertrauliches in einer Strafanzeige gegen Andreas Menzel: Wie kam das Geheimprotokoll zur Pro Potsdam?
Affäre um vertrauliche Informationen: Andreas Menzel, ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der Bauholding Pro Potsdam, informierte die Stadtverordneten über ein geplantes Grundstücksgeschäft im nicht öffentlichen Teil der Sitzung. Dennoch wurde davon ein Protokoll angefertigt und der Pro Potsdam zugesendet, die dann Strafanzeige gegen Menzel stellte. Doch wer steckt dahinter?
Stand:
Potsdam - Eine Affäre um vertrauliche Informationen beschäftigt Stadtverordnetenversammlung und Staatsanwaltschaft. Ein Wortprotokoll aus einem nicht öffentlichen Sitzungsteil der Stadtverordneten ist an die städtische Bauholding Pro Potsdam gegangen. Wer die Unterlagen weitergab, ist unklar. Die Pro Potsdam nutzte das Papier jedenfalls als Beweisstück für eine Strafanzeige gegen ein Aufsichtsratsmitglied – das deshalb juristische Schwierigkeiten bekommen hat. Der Vorwurf steht im Raum, dass mit der Weitergabe des Protokolls die gesetzlich geschützte Vertraulichkeit des Wortes verletzt worden ist.
Es geht um eine Sitzung des Kommunalparlaments im April 2014. Damals hatte der ehemalige Grünen-Stadtverordnete und Pro-Potsdam-Aufsichtsrat Andreas Menzel nach PNN-Informationen im nicht öffentlichen Teil ein geplantes Grundstücksgeschäft der Pro Potsdam angesprochen. Aus Sicht des städtischen Konzerns hat Menzel damit die Geheimhaltungspflicht verletzt, weil es sich um ein Geschäftsgeheimnis handelte – die Geschäftsführung stellte Strafanzeige. Teil der Anzeige ist nach PNN-Informationen aber auch ein ausführliches Wortprotokoll mit den Aussagen Menzels. Eine Abschrift des Protokolls sei auch Beweismittel in dem Verfahren gegen Menzel, bestätigte Christoph Lange, Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft – die mittlerweile gegen Menzel Anklage erhoben hat. Der Fall liegt zur Prüfung beim Amtsgericht, sagte ein Sprecher. Menzel droht bei einer Verurteilung bis zu ein Jahr Haft.
Menzel erstattet ebenfalls Anzeige
Offen ist, wie die Pro Potsdam an das Protokoll kam – das Unternehmen gab dazu am Mittwoch auf PNN-Anfrage keine Auskunft. Auch die Stadtverwaltung hatte keine Erklärung. Staatsanwaltschaftssprecher Lange bestätigte, dass Menzel seinerseits Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verletzung der Vertraulichkeit und des Dienstgeheimnisses erstattet habe – allerdings seien diese Ermittlungen mittlerweile eingestellt. So seien nach Ansicht der Behörde wichtige öffentliche Interessen „nicht verletzt“ worden, auch habe es „kein unbefugtes Mitschneiden“ gegeben, so Sprecher Lange. Menzels Anwalt will gegen die Entscheidung vorgehen, bestätigte dieser auf PNN-Anfrage.
Unterschiedliche Aussagen gibt es zum Zustandekommen des Protokolls. In einem Brief an eingeschaltete Ermittler hat Stadtpräsidentin Birgit Müller (Linke) nach PNN-Informationen im Oktober 2014 erklärt, die wörtliche Wiedergabe der Menzel-Rede sei „gemäß der Bitte“ des städtischen Bereichs Beteiligungsmanagement – zuständig für kommunale Firmen – angefertigt worden, und zwar mit der Begründung, es könne eine Verletzung von Geheimhaltungspflichten vorliegen. Verantwortlich für Mitschnitte ist das Büro der Stadtverordnetenversammlung. Rathaussprecher Jan Brunzlow bestätigte den PNN auf Nachfrage zumindest, dass ein mittlerweile gelöschter Mitschnitt sowie ein – von den Stadtverordneten später bestätigtes – sogenanntes Ergebnisprotokoll mit einzelnen Zitaten Menzels gefertigt wurden.
"Schwerwiegender Vertrauensbruch"
Dagegen spricht die Fraktion Die Andere von einem weiteren, ausführlicheren Geheimprotokoll mit wortwörtlichen Aussagen Menzels, das ohne Wissen der Stadtverordneten gefertigt worden sei und dann – ohne das Stadtparlament einzubeziehen – zur Pro Potsdam gelangte. Dies sei ein „schwerwiegender Vertrauens- und Rechtsbruch“, so der Vorwurf der Fraktion – die Tätigkeit der Stadtverordneten sei eingeschränkt, wenn sie damit rechnen müssen, dass nicht öffentliche Debatten heimlich protokolliert und weitergegeben werden.
Auf Eilantrag von Die Andere und mit Ergänzung der SPD beschlossen die Stadtverordneten am Mittwoch, den Sachverhalt aufzuklären. Dazu wird eine Kommission mit den Leitern des Rechnungsprüfungsamts und des Fachbereichs Recht sowie dem Datenschutzbeauftragten der Stadt gebildet.
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