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Das Geheimnis von Parabolspiegeln erkundeten die Kinder im Vortrag Von der Glühbirne zum Laser  Erhellende Einsichten (l.), die Welt der Pflanzen erforschten sie ebenfalls. 30 Grundschulen und 1800 Schüler beteiligten sich gestern an der 6. Kinder-Uni auf dem Campus in Golm.

© Michael Urban,ddp/Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Wie man eine Venusfliegenfalle überlistet

1800 Grundschüler kamen zur 6. Kinder-Uni und erfuhren Lehrreiches aus der Welt der Wissenschaft

Von Peer Straube

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Golm - Zweimal streicht die Pipette zärtlich über die Blattinnenseite. Schnapp! Die Venusfliegenfalle lässt ihre Blätter und damit die Falle zuklappen. Sie erliegt dem Irrglauben, ein leckeres Insekt gefangen zu haben. Wie gebannt schauen die Kinder auf das Bild, das der Beamer im Haus 12 der Uni in Golm an die Wand wirft. „Nochmal?“, fragt Joost van Dongen. „Jaaaa!“, kreischt es verzückt im Chor. Der niederländische Professor vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie hat mit seinem Vorlesungsthema ins Schwarze getroffen.

Der Uni-Campus wimmelt an diesem Freitagvormittag von Kindern. 1800 sind gekommen, Dritt- und Viertklässler aus Potsdamer Schulen und solchen aus dem Umland. Zum sechsten Mal hat die Hochschule eine Kinder-Uni ausgerichtet, bei der spannende Themen wie Einsteins Entdeckungen behandelt oder das Geheimnis des Geldes gelüftet werden. Alles kindgerecht – natürlich. Wie in den vergangenen Jahren ist die Kinder-Uni ausgebucht, zehn Klassen habe man leider sogar ablehnen müssen, bedauert Organisatorin Jana Bialluch.

Van Dongen widmet sich eine Dreiviertelstunde lang der Frage: „Warum, warum ist die Banane krumm?“ Der Saal ist proppenvoll und außerdem erstaunlich ruhig. Vergnügt berichtet der Niederländer über das seltsame Gebaren der fleischfressenden Pflanzen wie jener erwähnten Venusfliegenfalle. „An der Innenseite der Blätter befinden sich rote Härchen“, erzählt van Dongen. Werden diese mehrfach berührt, läutet bei der Pflanze quasi die Essensglocke. Daher klappt der Trick mit der Pipette auch nur beim mehrmaligen Reizen der Härchen. Stupst man sie nur einmal, bleiben die bezahnten Fangblätter offen. „Und wie schlucken die dann die Fliege runter?“, will ein Mädchen wissen. „Die roten Härchen scheiden eine Flüssigkeit aus“, erklärt der Professor. „Damit wird die Fliege in der Falle verdaut – so, wie das Essen bei uns im Magen verdaut wird.“

Der Holländer weiß, wie man Kinder begeistert. „Ich erinnere mich einfach daran, was mich selbst interessiert hat, als ich klein war“, sagt er. „Und ich nutze meine Fantasie“. Van Dongen zieht jetzt alle Register. In einen Gipsblock hat er trockene Erbsensamen getan. Als der Professor sie mit Wasser tränkt, bekommt der Gips Risse. Die Samen dehnen sich aus und sprengen die harte Masse. „Das ist so ähnlich, wie wenn man Gummibärchen in Wasser auflöst“, berichtet er den erstaunten Kindern, „die werden dann auch größer.“ Auch über Verteidigungsmechanismen von Pflanzen erfahren die Grundschüler etwas. Dornen oder auch mit Gift gefüllte Härchen wie bei Brennnesseln sorgen dafür, dass man auch überlebt, „wenn man weder weglaufen noch um Hilfe schreien kann“. Gekonnt erklärt van Dongen die Photosynthese, wie Pflanzen aus Licht Nahrung und Energie beziehen. In einen Karton hat er drei Pappscheiben eingezogen, jede hat ein Loch auf der jeweils gegenüberliegenden Seite. Die Pflanze im Karton hat sich zielsicher Richtung Licht hochgeschlängelt.

Dem gleichen Prinzip verdankt auch die Banane ihren krummen Wuchs. Da die Blüten der Bananenstaude nach unten hängen, wächst die gelbe Frucht zunächst ebenfalls in Richtung Erde, bevor sie ihren Irrtum erkennt und der Sonne entgegenstrebt.

Der achtjährigen Paulina Huppertz von der Inselschule in Töplitz hat die Veranstaltung „gut gefallen“. Dem gleichaltrigen Jan-Lucas Müller von der Karl-Hagemeister-Grundschule in Werder haben es besonders die fleischfressenden Pflanzen angetan. „Aber eigentlich hat mir alles gut gefallen.“ Jan-Lucas’ Mutter Angela ist auch begeistert. Toll sei es, dass es so ein Angebot für Kinder gebe, findet sie und hat selbst etwas gelernt – nämlich, warum die Banane krumm ist. „Das wusste ich vorher auch nicht“, bekennt sie. Fröhlich lärmend ziehen die Kinderscharen von dannen, den Uni-Mitarbeitern folgend, die Schilder mit der Aufschrift „Mensa“ vor sich hertragen.

Vielleicht gibt’s zum Nachtisch sogar eine Banane. Peer Straube

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