Landeshauptstadt: Wie sie leuchtet
Erste Bibliotheksnacht zwischen Nostalgie und Zukunftsvision – 900 Besucher kamen
Stand:
Innenstadt - Nachtwandeln zwischen Erinnerung und Zukunftsvision: Die Stadt- und Landesbibliothek, 15 Jahre alt geworden, hatte am Sonnabend zu ihrer 1. Bibliotheksnacht eingeladen, hatte sich schön gemacht mit Lichtillumination an der Fassade und im Innenhof. Kultur- und Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) war gekommen und sprach von einer Wandlung „eines hässlichen Entleins zum stolzen Schwan“ und spielte dabei auf die Neugestaltung des Hauses an. Die übernimmt das Architekturbüro von Reiner Becker und der machte denn auch mit dem Vorentwurf für das künftige Bibliotheksgebäude bekannt. In einer Ausstellung des Hauseigners, des Kommunalen Immobilienservice (KIS), kann man ihn sich auch in den nächsten Tagen noch anschauen. Und natürlich zählte die Hausherrin und Bibliothekschefin Marion Mattekat auf, was man sich für die Zukunft vorgenommen hat im neuen, schöneren Zuhause für die Welt der Bücher und der modernen Medien. Dazu zählt eine eigene Etage für die gesammelten Schätze, speziell die Brandenburgica, ein digitaler 24-Stunden-Service und der Ausbau des generationsübergreifenden Kulturangebotes. Die Ministerin verwies vor allem auf die Verantwortung der Bibliothek für die Kinder- und Jugendlichen und begrüßte, dass es in diesem Jahr von der jungen Generation fünf Prozent mehr Anmeldungen gegeben habe als 2006. Und sie dankte den vielen ehrenamtlichen Helfern und Buchpaten.
Leseratten und Freunde des Hauses scheint es jedenfalls genug zu geben und es waren sogar Nostalgiker unter ihnen, die sich noch genau an die Entstehungsgeschichte der Bibliothek und die eigene Mitwirkung bei der Einrichtung der Buchetagen erinnern konnten. Auch sie aber waren angetan von den Ideen des Architekturbüros Becker, das das Haus zwar entkernen will bis auf das Stahlskelett, die Fassadengliederung aber beibehalten will und auch den Arkadengang zum Platz der Einheit hin als Pendant zur Wilhelmgalerie auf der anderen Seite des Platzes. Rechts und links bekommt das Haus Anbauten für die Annahme und einen Bürgersaal. Ein Befreiungsschlag aber ist der neue Innenaufbau mit leichter offener Treppe im Innern einer Halle und einer lichtdurchlässigen Decke im 3. Stock. Das Magazin bleibt aus statischen Gründen im 4. Stock. Und das Wandgemälde von Kurt Hermann Kühn, das unter Denkmalschutz steht, wird wieder in die neue Halle integriert.
Das alles kam bei den rund 900 Besuchern der 1. Bibliotheksnacht gut an, ebenso wie die anregend illuminierte Nachtwandelei zwischen Magazin und Keller mit Lesungen, Musik und Modenschau. Das Haus war proppevoll und so konnte nur rechtzeitiges Erscheinen bei den Lesungen im Keller und im Magazin helfen, einen Platz zu ergattern. Bei Thomas Brussig war auf der sicheren Seite, wer entweder rechtzeitig reservierte oder sich seinen Stuhl mitbrachte. Der Autor von „Helden wie wir“ und „Wie es leuchtet“ freute sich über seine ausgewachsene Fangemeinde und erntete mit seinen Ausschnitten aus dem vor Humor „leuchtenden“ Roman viele Lacher, aber auch nachdenkliches Besinnen auf die Zeit zwischen DDR-Ende und Neubeginn. Für Fragen an den Autor blieb zwar keine Zeit, aber die Schlange der Autogrammjäger ringelte sich in beachtlicher Länge vor dem Tisch.
Wer es gruselig mochte, stieg hinab in den Keller, um sich von Mirko Böttcher Erzählungen von Edgar Allan Poe anzuhören oder er stieg auf ins Magazin zu Casanovas amourösen Abenteuern, gelesen ebenfalls von einem aus dem „Poetenpack“, von Tilmar Kuhn. Die Modenschau von Karin Genrich und Frederike Frei war dann so dicht umlagert, dass kaum noch ein Apfel zur Erde fallen konnte und wer sich nicht ersatzweise in die knautschigen Sesselsäcke lümmeln wollte, um das zu tun, wozu eine Bibliothek da ist, nämlich um zu lesen, der konnte auch einfach Licht und laue Nacht im Innenhof genießen oder Musik von Mama George hören. Genuss auf der ganzen Linie, der nach Wiederholung ruft.
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