Landeshauptstadt: Wie wird man Kulturhauptstadt 2010?
Von Brügges Geheimwaffe, Graz“ Saugnapfwunder und der Suche nach Potsdams Stärken
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Von Brügges Geheimwaffe, Graz“ Saugnapfwunder und der Suche nach Potsdams Stärken Von Hella Dittfeld „Wenn Potsdam Kulturhauptstadt 2010 werden soll, dann müssen Sie das auch wirklich wollen“, sagt Bram de Voss aus Brügge. Der Jurist leitete die Arbeitsgruppe Kommunikation, als sich die Metropole West-Flanderns um Kulturhauptstadtehren bewarb. Zusammen mit Prof. Jan de Pierl besuchte er am Wochenende Potsdam. „Wissen Sie, was unsere Geheimwaffe war, mit der wir uns 2002 durchgesetzt haben? Wir hatten uns vorgenommen, ein kulturelles Jahr zu feiern, egal, ob wir den Zuschlag bekommen oder nicht. Außerdem haben wir herauszufinden versucht, welchen kulturellen Mehrwert wir haben, was uns vor anderen Städten auszeichnet.“ Das Wichtigste vor allem sei aber gewesen, gemeinsam und zwar in der gesamten Region und schließlich im ganzen Land an einem Strang zu ziehen. Brügge habe es geschafft, sich als die Auserkorene ganz Belgiens zu bewerben. Solche Trümpfe werden bei Potsdam wohl nicht im Skat liegen. Es ist vielmehr zu befürchten, dass Deutschland mehrere Bewerber ins Auswahlverfahren schickt und neben der Havelmetropole auch Bremerhaven und Guben als deutsch-polnische Stadt gute Karten haben. Doch eines ist inzwischen sicher, Potsdam will 2010 Europäische Kulturhauptstadt werden und forciert inzwischen das Verfahren, dass es dafür fit macht. Bewerbungsstärken sind schon benannt, ein Logo entworfen und das Motto gefunden: „Europa bewegt Potsdam“. Wird Potsdam auch Europa bewegen? Die geplante EU-Osterweiterung kann als Bonus ins Feld geführt werden. Künftig liege man in der Mitte Europas, sagte Kulturbeigeordnete Gabriele Fischer, und das sei eine große Chance. Die Gäste aus Belgien waren bei ihrem Stadtrundgang zudem vom Kulturstandort in der Schiffbauergasse begeistert. Sie fanden, es sei ein absolutes Novum, auf solche Weise moderne Technologie, Hoch- und Soziokultur zusammenzuführen. Auch die Idee, durch den Arbeitskreis Stadtspuren Kultur in die Neubaugebiete zu tragen, hielten sie für außergewöhnlich. Im Gegenzug erkundigte sich Potsdam bei Kulturhauptstadt-Vorgängern, wie sie den Zuschlag ergatterten. Vor kurzem sahen sich Vertreter Potsdams in Graz – der Kulturhauptstadt 2003 – an, was dort bewegt wurde. Sie bestaunten die blaue neue Kunsthalle mit den 15 Nozzles, die wie Saugnäpfe anmuten. In unmittelbarer Nähe der barocken Potsdamer Innenstadt konnten sie sich so etwas allerdings nur schwer vorstellen. Die künstliche Insel in der Mur, die 350 Personen trägt, würde die Havel dagegen nicht übel zieren. Noch fröhlicher aber stimmte die Besucher das Etat, das Graz zur Verfügung stand. 55 Millionen Euro für alle Neubauten, darunter die Kunsthalle und ein Popkulturzentrum und 56 Millionen Euro Programmbudget. Das 120 000 Einwohner zählende Brügge musste mit erheblich weniger auskommen. Den Machern dort standen 27 Millionen Euro fürs Programm zur Verfügung, davon 23 Prozent Sponsoring und 15 Prozent Einnahmen. Ab 1996 legte sich Brügge in die Sielen, um den Zuschlag zu bekommen. Sicher, es habe am Anfang auch Querelen rund um die Bewerbung gegeben, doch dann habe der Bürgermeister effektvoll auf den Tisch gehauen. Man habe sich Botschafter weltweit gesucht, die das Werk beförderten, habe aus der ersten Garnitur der Kulturmanager einen Intendanten gewählt, der sein eigenes Netzwerk mitbrachte und habe natürlich die Stadt auf Vordermann gebracht. Es entstanden u.a. eine neue Konzerthalle mit 13000 Plätzen und eine Halle für Popmusik. Brügge sei nach dem Kulturhauptstadtjahr „nicht wiederzuerkennen“. Und auch die ganz schnöde kommerzielle Rechnung ging auch auf. 2002 erwirtschaftete die Stadt trotz der hohen Ausgaben einen Überschuss, betonte de Voss.
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