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Links und rechts der Langen Brücke: Willkür nach 34 BauGB

Guido Berg über eine Bauverwaltung, die mit Verweis auf Gesetze das produziert, was der Idee des Rechts entgegensteht: Ungleichheit

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Was hat sich geändert? Nichts! Günther Jauch kritisierte die Bauverwaltung, der Verwaltungsrechtler Ulrich Battis kaprizierte sich stark auf die Villa Gericke, bei der außer dem in Potsdam üblichen Genehmigungschaos wenig mehr vorliegt als die Tatsache, dass ein ausgewiesener Denkmal-Liebhaber Millionen aufwendete um ein Haus zu retten, das eigentlich schon verloren war. Im Ergebnis ist der Ruf des Investors beschädigt – aber geändert hat sich im Gebaren der Bauverwaltung nichts. Im Vierteljahres-Rhythmus werden ihr erteilte Bauplanungen und -genehmigungen von Stadtverordneten um die Ohren gehauen, weil sie den architektonischen Grundideen der Welterbestadt Potsdam Hohn sprechen. Ein Riegelbau am Rande des Parks von Sanssouci in der Hegelallee konnte erst nach Einspruch des Internationalen Rates für Denkmalpflege ICOMOS verhindert werden; ein Fünfgeschosser in der Lennéstraße 44 ist nach erteilter Baugenehmigung nicht mehr zu verhindern und soll nun nach einem Eigentümerwechsel wenigstens umgehübscht werden; ein Wohnhaus an der Ecke Menzelstraße/Schwanenallee ragt viergeschossig aus der Erde, obwohl die Schlösserstiftung dies mehrfach wegen der übergroßen Dominanz des Kolosses abgelehnt hat. Und mehr noch, in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung machte der Cottbuser Bau-Professor Wolfgang Schuster der Stadt einen Vorwurf, der bei genauer Betrachtung zumindest nicht an sehr langen Haaren herbeigezogen scheint. Der Mann hegt den Verdacht, dass der Bebauungsplan für die nördliche Berliner Vorstadt eigens zugunsten des Bauherren der Menzelstraße 9 geändert wurde. Und so weiter und so weiter Die „Verglienickerhornisierung“ Potsdams schreitet voran – und an der Spitze der Bewegung steht eine Bauverwaltungs-Führung, die sich hinter Paragrafen des Baugesetzbuches (BauGB) versteckt, deren Schwammigkeit es zulässt, sowohl das eine als auch das andere mit demselben Recht zu begründen. Einfallstor der Willkür und der Behörde schärfstes Schwert ist der Paragraf 34 BauGB. Demnach darf gebaut werden, was sich in die Umgebung einpasst. Aber was ist die Umgebung? Und was passt sich ein? Es besteht der starke Verdacht, dass sich bei dem einen Bauherren noch ein Geschoss mehr einpasst – und bei dem anderen nicht.

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