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Frühblüher. Chimonanthus praecox.

© MB

Homepage: Winterjasmin und Zaubernuss Die Chinesische Winterblüte

Am Botanischen Garten der Universität Potsdam wird nicht nur geforscht. In den Gewächshäusern und im Freiland können die Besucher auch zahlreiche Pflanzen bewundern.

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Am Botanischen Garten der Universität Potsdam wird nicht nur geforscht. In den Gewächshäusern und im Freiland können die Besucher auch zahlreiche Pflanzen bewundern. In den PNN stellt der Kustos Michael Burkart einmal im Monat eine davon vor.

Die bisher so milde Winterwitterung bewirkt Erstaunliches: Schneeglöckchen und Winterlinge zeigen Mitte Januar schon Farbe, goldgelb erstrahlen Winterjasmin und Zaubernuss, und auch ein Gast aus China ist voll erblüht, die Chinesische Winterblüte (Chimonanthus praecox, „Frühe Winterblume“). Die gut zwei Zentimeter großen Blüten haben außen größere hellgelbe, innen kleinere kastanienbraune Blütenblätter. Sie verströmen einen schweren, süßen, angenehmen Duft. Eine Gruppe chinesischer Forscher fand darin unlängst 71 verschiedene Aroma-Komponenten.

Auch die Zweige duften, aber nicht süß und schwer, sondern aufregend pfeffrig-herb und würzig. In China werden fast alle Teile der Pflanze schon lange medizinisch genutzt. Die Blüten werden außerdem zur Gewinnung von Duftstoffen, in China auch – ähnlich wie Lavendel – zur schützenden Aromatisierung von Wäsche verwendet und angeblich sogar gekocht und gegessen. Samen und Blätter enthalten jedoch giftige Alkaloide. Deren Wirksamkeit gegen bestimmte Karzinome wurde 2011 nachgewiesen, ebenfalls von einer chinesischen Forschergruppe. Möglicherweise können daraus Krebsmedikamente entwickelt werden.

Der bei uns bis zwei Meter hohe Strauch ist am einfachsten über Absenker vermehrbar, also tief stehende Zweige, die sich bei Bodenkontakt bewurzeln und danach von der Mutterpflanze getrennt werden können. Stecklinge bewurzeln sich dagegen nur schlecht, und Samen müssen zuerst aus der Keimruhe gelockt werden, worauf noch viel Geduld nötig ist, bis die Pflanze nach über zehn Jahren endlich blühreif wird. Vielleicht ist sie deswegen in europäischen Gärten selten anzutreffen, obwohl der Strauch bei uns weitgehend winterhart ist.

Der Blütenduft lockt Käfer an, die die Bestäubung vollziehen. Dies ist ein Hinweis auf urtümliche Verhältnisse – Käfer waren vermutlich die ersten Blüten besuchenden Insekten überhaupt –, und in der Tat gehört die Winterblüte zu einer sehr ursprünglichen Pflanzenfamilie, den Gewürzstrauchgewächsen (Calycanthaceae). Sie umfasst nur zehn Arten, jeweils eine in Australien, Kalifornien und den östlichen USA; die übrigen sieben wachsen alle in China. Die ältesten Fossilien, die der Familie zugerechnet werden, stammen mit rund 100 Millionen Jahren Alter aus der Kreidezeit, waren also noch Zeitgenossen der Dinosaurier, als die bedecktsamigen Blütenpflanzen (Angiospermen) erdgeschichtlich gesehen „gerade eben“ erst entstanden waren.

Trotzdem würde man die Chinesische Winterblüte nicht als lebendes Fossil bezeichnen. Von den sieben chinesischen Arten der Familie gehören nämlich sechs in die gleiche Gattung, also die unmittelbare Verwandtschaft unserer Pflanze. Die Aufspaltung dieser Arten liegt nach den Ergebnissen einer molekulargenetischen Studie vermutlich „nur“ etwa ein bis zwei Millionen Jahre zurück und steht wohl im Zusammenhang mit der Isolation von Vorkommen in jeweils getrennten Gebieten Chinas, wo sie sich in dieser erdgeschichtlich recht kurzen Zeit separat entwickeln konnten. Trotz ihres ehrwürdigen Alters haben sich die Winterblüten ihre Fähigkeit zur Evolution neuer Arten also bis in die jüngste Zeit erhalten. Michael Burkart

Im Freiland des Botanischen Gartens an der Maulbeerallee ist nun der Duft der Winterblüte zu vernehmen. Am Sonntag, 22.1. gibt es um 15 Uhr eine Gewächshausführung mit Steffen Ramm: „Nicht nur Kaffee – Genussmittel aus der Pflanzenwelt“.

Michael Burkart

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