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Sport: Winters kommt im Sommer
Die Spielführerin der U23 der USA ersetzt im Mittelfeld Turbine Potsdams die scheidende Viola Odebrecht
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Keelin Winters soll beim Frauenfußball- Bundesligisten Turbine Potsdam – der am morgigen Sonntag um 14 Uhr den FC Bayern München empfängt – die nach dieser Saison zum Liga-Konkurrenten VfL Wolfsburg wechselnde Viola Odebrecht im Mittelfeld ersetzen. Erst kürzlich habe die US-Amerikanerin am Luftschiffhafen trainiert, erklärte sie selbst in einem Interview mit dem US-Verband US-Soccer. Winters, Naeher, Singer – Turbines Kontingent wächst damit auf drei US-Amerikanerinnen an.
Keelin Winters, Gardemaß 5.8 Fuß, ist eine interessante Spielerin und derzeit im US-Camp der A-Mannschaft von Pia Sundhage, die ihren Olympiakader sucht. Ein A-Länderspiel fehlt noch, aber Winters ist Spielführerin der U23 der USA. Die heute 23-jährige Allrounderin, geboren in Cleveland/Ohio und aufgewachsen in Englewood/Colorado, trug auch die Kapitänsbinde der U20-Nationalmannschaft, als die 2008 in Chile Weltmeister wurde. Am wohlsten fühlt sie sich im Mittelfeld, wenn sie offensive Dominanz ausüben kann. Dass Bernd Schröder solche Spielerinnen schätzt, ist bekannt. Das Team, das Winters verlässt, ist nicht irgendeines. Die Seattle Sounders haben für 2012 mächtig aufgerüstet. Neue Stars sind die Nationalspielerinnen Hope Solo und Sydney Leroux, Megan Rapinoe, Stephanie Cox, Alex Morgan und die Mexikanerin Veronica Perez.
Studiert hat Keelin Winters an der renommierten „Fußball-Uni“ in Portland/ Oregon, zuvor war sie an einer Jesuiten-Highschool in Kalifornien und Colorado. Zuletzt gelangte sie als Top-Draft – sozusagen als erste Wahl – zu den Boston Breakers. Weil die WPS derzeit keine Saison hat, spielt sie nun bei den Seattle Sounders, die mit Michelle French eine Olympiasiegerin als Trainerin haben, in einer der vielen regionalen Staffeln der W-League. Keelins Vater Brian, einst mit gefährlichem Rauschebart und heute als Coach mit weißem Kurzhaar, war früher Basketballprofi, unter anderem in Milwaukee und bei den legendären Los Angeles Lakers. Die Tochter, eine von sechs Winters-Geschwistern, ist ebenfalls eine gute Basketballerin, entschied sich aber gegen die Familientradition und für den Profifußball. „Ich wollte nicht noch eine Winters mehr sein, die Basketball spielt“, sagte Keelin gegenüber dem Fernsehsender ESPN. Vielleicht sei gerade deshalb ihr Kicker-Ehrgeiz besonders groß. Der Vater hat es akzeptiert. „Dad hat immer gesagt, wir sollen das tun, was uns glücklich macht. Bei mir ist es Fußball.“ Jetzt greift Keelin nach einem Olympia-Ticket.
In Potsdam beginnt ihr Ein-Jahres-Vertrag am 1. Juli. „Es war schon immer ein Traum von mir, in Übersee zu spielen. Die Trainingseindrücke bei Turbine waren interessant, auch wenn ich noch kein Wort Deutsch spreche. Von Alyssa Naeher habe ich mir ein paar Begriffe übersetzen lassen, rechts und links etwa und so weiter. Aber im Spiel spricht der Fußball seine eigene Sprache. Kein Problem also.“ Bei einem starken ausländischen Team zu spielen, das fördere angesichts der schwachen Strukturen in den USA zudem die Absicht, im Nationalteam einen Platz zu erobern. Und mit Alyssa Naeher – die 2008 in Chile als beste Torhüterin der U20-WM mit dem Goldenen Handschuh ausgezeichnet wurde – eint sie eine gemeinsame Vergangenheit, die ihr die Zukunft in Potsdam durchaus vereinfachen kann.
Rainer Hennies
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