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Homepage: „Wir brauchen eine Milliarde, pro Jahr“ Hasso Plattner über die Zukunft Deutschlands

Wenn man Hasso Plattner zuhört, schwindet erst einmal jegliche Hoffnung. Mit Grabesstimme umreißt er die wirtschaftliche „Tragödie“, die sich in den vergangene Jahren in Deutschland abgespielt hat.

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Wenn man Hasso Plattner zuhört, schwindet erst einmal jegliche Hoffnung. Mit Grabesstimme umreißt er die wirtschaftliche „Tragödie“, die sich in den vergangene Jahren in Deutschland abgespielt hat. Erst die Verluste der Textil-, Foto- und Uhrenindustrie, dann der Niedergang im Bereich Unterhaltungselektronik und schließlich – „noch schlimmer“ – der verpasste Anschluss bei der Computertechnik. „Und das im Land von AEG, Grundig, Nixdorf und Siemens.“ Vor Spitzenkräften der deutschen Wirtschaft machte sich Plattner am Montagabend auf Einladung der American Chamber of Commerce in Germany an dem von ihm gestifteten Hasso-Plattner-Institut (HPI) Gedanken über Deutschlands Zukunft. Die Gründe für den Niedergang? Plattner zählt sie nüchtern auf: Zersplitterung, lokales Denken, Versäumnisse wichtiger Entwicklungen. „Schließlich hat Deutschland Unix verpasst, und das war es dann.“ Plattner, der einst den IT-Giganten SAP mit aus der Taufe gehoben hat, weiß aus eigener Erfahrung, dass Unternehmen die global erfolgreich sein wollen, in den USA Erfolg haben müssen. Die Globalisierung könne man nicht mehr zurück drehen. „Auf dem globalen Markt gewinnen die globalen Spieler.“ Plattner ärgert sich auch über mangelnden Willen zur Leistung in Deutschland. „Mit 35 Stunden und Rente ab 58 ist Mallorca nicht zu halten“, sagt er – ohne es als Witz gemeint zu haben. Es werde zu kurz gearbeitet im Land. Sein Motto 70 statt 35 (Wochenarbeitsstunden) lasse sich zwar schwer verallgemeinern. „Doch wer sich selbständig machen will, kommt drunter kaum raus.“ Den Versuch, den Status Quo in Deutschland aufrecht zu erhalten, beobachtet der Wahl-Amerikaner mit Unverständnis: „Wie die Hunde wird an einem Tuch gezerrt, das schließlich nur noch ein Lumpen ist.“ Man sehe der Wahrheit einfach nicht ins Auge. Etwa, dass mit der Verkürzung der Arbeitszeit keine größere Wertschöpfung erreicht werden kann. Das wisse auch Lafontaine. Doch Plattner ist nicht der Typ, der in Hoffnungslosigkeit verharrt, jemand wie er lässt sich auch nicht auf Theorien wie die Degeneration hoch entwickelter Kulturen ein. Er macht etwas. Er setzt ein erfolgreiches Institut wie das HPI in den märkischen Sand und fördert gezielt die Ausbildung – in der Hoffnung das seinem Beispiel andere Mäzene folgen. Das wichtigste sei nun Wachstum, und das komme nur durch junge Unternehmen. Hier will Plattner erneut mit persönlichem Engagement einsteigen. Im Umfeld des HPI soll in der ehemaligen Reichsbahnvilla in Babelsberg ein „Inkubator“ entstehen, eine Art „Brutkasten“ für Firmengründungen. Plattner selbst will 25 Millionen Euro dafür auflegen. Er hofft, dass weitere Stifter in den Fonds einsteigen, um schließlich 50 Millionen Euro Kapital zu haben. Firmenideen aus dem HPI sollen hier Platz finde, aber auch von anderen Gründern. Die Initiative der Bundesregierung 260 Millionen Euro bis 2010 für Firmengründungen aufzubringen, begrüßt Plattner. Doch das reiche bei weitem nicht aus. „Wir brauchen das vierfache, und zwar pro Jahr.“ Plattner schwebt eine Initiative vor: Bund, Länder, Dax-30-Unternehmen und die Milliardäre des Landes sollen jährlich eine Milliarde Euro zur Förderung junger Unternehmen aufbringen. „Das müssen wir machen, und zwar noch oben drauf.“ Jan Kixmüller

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