Landeshauptstadt: „Wir haben keinen Fehler gemacht“
Mit Hilfe eines Potsdamer Vereins wurde ein Mädchen aus Kamerun in Deutschland operiert – doch Rosaline bleibt behindert
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Rosaline kam nach Deutschland, damit ihr übergroßer, geschwollener Arm behandelt werden konnte. Doch ein halbes Jahr nach der Behandlung ist die Neunjährige gelähmt und kann kaum sprechen. Der Potsdamer Verein Children''s Rights Group International e.V. (CRIG) kritisiert jetzt die Tübinger Klinik, in der Rosaline operiert wurde.
Im Oktober 2006 holte CRIG das Mädchen nach Deutschland (PNN berichteten). Der Arm des neunjährigen Mädchens war auf ein Vielfaches angeschwollen, sie konnte sich kaum bewegen. Ärzte hatten zuvor anhand von Fotos auf „Elephantiasis“ geschlossen, eine Krankheit, bei der Lymphknoten in Körperteilen anschwellen. Bei ihrer Ankunft stellte sich jedoch heraus, dass Rosaline nicht unter der angenommenen Krankheit, sondern unter Neurofibromatose (NF) leidet. Diese Erbkrankheit tritt bei einem von 3000 Neugeborenen auf und führt in ihrer Form „NF I“ zu gutartigen Tumoren unter der Haut und an fast allen Nervenzellen. Rosaline hatte nicht nur Tumore im Arm, sondern auch in Brustkorb, Lunge und Herz und im Bereich der Wirbelsäule, erklärte der behandelnde Arzt Dr. Marcos Tatagiba gegenüber den PNN. Der Direktor der Universitätsklinik für Neurochirurgie Tübingen operierte das Mädchen zunächst am Arm, „der mehr gewogen hat als das Mädchen selbst“, wie er sagt. Er musste komplett amputiert werden.
Nach dieser ersten Operation, die nach Angaben der Klinik sehr gut verlief, war das Mädchen geschwächt. Trotzdem wurde wenig später eine zweite Operation durchgeführt, bei der die Tumore an der Wirbelsäule entfernt wurden. Bei dieser OP lag die Patientin auf dem Bauch, wie Dr. Tatagiba erklärte. Von den Ärzten unbemerkt drückten dabei die Tumore in Rosalines Herz den Blutfluss ab – so wurde die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn eingeschränkt. Nach der Operation dauerte es mehrere Tage, bis das Mädchen wieder erwachte, auch sprechen und laufen konnte es nicht. Es ist bisher unklar, ob die Schäden am Gehirn irreparabel sind.
CRIG wirft der Klinik in Tübingen nun vor, dass sie mit der zweiten Operation nicht lang genug gewartet hat, Rosaline hätte sich erst erholen müssen. Tatagiba widerspricht dem jedoch: „Es war wichtig, die OP so schnell wie möglich durchzuführen. Die Tumore haben auf das Rückenmark gedrückt, ein paar Wochen später hätte Rosaline schon querschnittsgelähmt sein können.“ Wäre das Rückenmark erst einmal durchtrennt gewesen, sei dies nicht mehr rückgängig zu machen, erklärt der Neurochirurg. Ohne die Operation wäre Rosaline heute wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Zu den Vorwürfen von CRIG sagte er gestern: „Wir haben keinen Fehler gemacht.“ Die Gefahr durch die Tumore am Herz sei nicht vorherzusehen gewesen.
Rosaline, die nach der Behandlung zunächst in einer Reha-Klinik war, lebt seit sechs Wochen bei einer Pflegefamilie in Freiburg. „Dort muss sie rund um die Uhr betreut werden, sie kann sich kaum bewegen“, berichtet Doreen Düring von CRIG. Am Osterwochenende wird sie zurück in ihr Dorf in Kamerun gebracht. „Natürlich ist der Verlauf der Behandlung für das Mädchen, die Familie und auch unsere Organisation eine Katastrophe“ sagt Düring. Aber man versuche weiterhin, die Familie zu unterstützen. So sei für Rosalines Familie in der Zwischenzeit ein neues Haus gebaut worden, momentan werde ein neues Bett für sie errichtet, da sie noch immer nicht aufstehen kann. CRIG hat außerdem die Pflege und ärztliche Versorgung für das Mädchen organisiert. „Allerdings benötigen wir ungefähr 400 Euro im Monat, damit Rosaline angemessene Versorgung bekommt“, erklärt Düring. 60 Euro monatlich davon habe bereits ein Neurofibromatose-Verein übernommen. Laut Dr. Tatagiba brauche das Mädchen jetzt vor allem Physiotherapie und logopädische Behandlung, also Sprachtraining. Er wünscht sich, die Neurofibromatose-Patientin wäre eher zu ihnen gebracht worden. „Das ist kein Vorwurf, aber wir hätten in einem früheren Stadium viel mehr für Rosaline tun können.“
Spenden für Rosaline an Children''s Rights Group International e.V. Deutsche Bank Potsdam, Kontonummer: 3259512, Bankleitzahl: 12070024
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