
© Andreas Klaer
Von Thorsten Metzner: „Wir machen kein Disneyland“
Verträge für Schloss-Landtag unterzeichnet / Architekt Kulka gegen weitere Barockkopien in Potsdam
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Er ist der Mann, der das barocke Knobelsdorffsche Stadtschloss wieder aufbaut: Trotzdem nutzte der Dresdner Architekt Peter Kulka die Vertragsunterzeichnung für das 120-Millionen-Projekt am Mittwoch im Portikus der Nikolaikirche für ein überraschendes Plädoyer. Er warnte vor weiteren Barock-Nachbauten rings um den Alten Markt und in der Stadt und warb eindringlich für zeitgenössische Architektur. „Mit dem Schloss, der Nikolaikirche und dem Rathaus am Alten Markt ist jetzt eine Grenze erreicht. Man muss irgendwann in der neuen Zeit ankommen“, sagte Kulka den PNN. Am Alten Markt sei die historische Rekonstruktion vertretbar und nötig. Jetzt sei Zeit für moderne Architektur.
Potsdam, so Kulka, sollte nicht „die Fehler Dresdens wiederholen“, in eine „Seligkeit wie dort“ zu verfallen. „Dort hat man um die Frauenkirche ein Hotel nach dem anderen gebaut. Und alle stehen leer.“ Stattdessen sei hier kluger Städtebau nötig, etwa mit attraktiven Wohnungen für junge Familien, sagte Kulka, für den sich persönlich ein Schaffensbogen schließt. „In Dresden habe ich erst den Landtag und dann das Schloss gemacht, getrennt. Hier mache ich Schloss und Landtag in einem.“ Es sei eine Ehre, nach dem ersten neuen Landtag Ostdeutschlands nun auch den letzten zu bauen.
Und sein Stadtschloss-Landtag werde, darauf legt der Architekt großen Wert, eben keine rückwärtsgewandte Kopie. „Wir machen dort kein Disneyland.“ Die sichtbare Klammer zwischen den Außen-Barockfassaden und dem „wunderbaren, modernen Parlament drinnen“ werde das Knobelsdorffsche Treppenhaus sein – mit unrestaurierten und restaurierten Skulpturen. „Wir werden zeigen, dass es eine Zerstörung des Gebäudes gegeben hat.“
Und jetzt läuft nun auch offiziell der Wiederaufbau. Zur Vertragsunterzeichnung erschienen waren viele Schaulustige, Vertreter von Vereinen oder auch der CDU-Abgeordnete Wieland Niekisch, der Anfang der 90er Jahre noch einer der wenigen war, der sich für den Schloss-Aufbau einsetzte. Merkwürdigerweise war kein Vertreter der Rathausspitze dabei, als Finanzminister Rainer Speer und Landtagspräsident Gunter Fritsch (beide SPD) das umfangreiche Paragraphenwerk mit der Bam Deutschland AG unterzeichneten, mit dem Potsdam wieder eine Stadtmitte bekommt. Mit Blick auf Debatten um den Entwurf – wie die Gestaltung der Dächer – sicherte Speer zu, dass Kulka mit einem „Kreis von Potsdamern, die gewisse Expertise mitbringen“, die Details seiner Pläne erläutern und vorstellen werde. Speer warnte vor Nachbesserungen. „Alles was jetzt verlangt wird, muss zusätzlich bezahlt werden.“ Wie Speer betonte, sei das Projekt „im Zeitplan“. Als nächstes werde man bei der Stadt die Baugenehmigung beantragen.
Der Schloss-Landtag ist ein Projekt in öffentlich-privater Partnerschaft (PPP). Die Tochter des holländischen Bam-Baukonzerns wird das Gebäude bis Anfang 2013 errichten – und dann 30 Jahre betreiben. Die Bam, die dafür vier Mitarbeiter der Landtagsverwaltung übernahm, ist dann für das Gebäude – Heizung, Reinigung, Haustechnik, Bewachung – komplett zuständig. Das Land zahlt für die All-Inklusive-Lösung von 2013 bis 2043 jährlich rund 10 Millionen Euro an die Bam. „Für uns ist es das zwölfte PPP-Projekt in Deutschland. Wir wissen, wie man so etwas macht“, sagte Bam-Vorstand Fritz Berner. Das Unternehmen sei in der Region bereits tätig, baue etwa am BBI-Flughafen gerade den Terminal.
Seinen Frieden mit dem Schloss-Landtag hat – trotz der Abweichungen vom Original – mittlerweile auch der Stadtschloss-Verein geschlossen, wie der Vorsitzende Michael Schöne sagte. „Wir sind zufrieden mit dem, was da gebaut wird“, so Schöne. Dies vertrete die große Mehrheit der über einhundert Mitglieder. Der Verein will sich jetzt ganz darauf konzentrieren, die Spenden für die Rekonstruktion der berühmten 76 Skulpturen zu sammeln, die das aufgebaute Stadtschloss wieder krönen sollen. „Knapp 300 000 Euro haben wir, damit sind fünf Skulpturen gesichert.“ Den weiteren Fahrplan für das Einwerben der Spenden will der Verein am Freitag auf einer Pressekonferenz vorstellen.
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