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Optimismus spricht aus seinen Sätzen: Andreas von Essen, Geschäftsführer des Lindenparks in Babelsberg.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: „Wir sind ein Gemischtwarenladen“

Lindenpark-Chef Andreas von Essen über Kita-Baupläne in Babelsberg, seine Zukunftsideen und die aktuelle Sanierung des Hauses

Stand:

In diesem Sommer wird am Lindenpark viel gebaut, werden die Toiletten saniert, wird die Lichtanlage ausgetauscht: Glauben Sie, dass danach das Haus wieder besser angenommen wird als bisher?

Die Frage stimmt so nicht. Die Leute kommen schon jetzt wieder in den Lindenpark, der Ruf wird besser. Dafür gibt es viele Beispiele: Wir fördern junge Bands, wir haben eine neu hergerichtete Skaterbahn, wir sind jetzt Treffpunkt für Familien, jüngst gab es ein Sommercamp für Kinder. Bei uns können sich aber auch Sprayer verwirklichen. Und natürlich finden Konzerte und Partys statt – und bald ein Film-Festival. Wenn Sie das alles zusammenzählen, ist das ein Wahnsinnsangebot. Ich freue mich, dass der Lindenpark im vergangenen halben Jahr so heftig durchgestartet ist.

Kritiker sagen, dem Haus fehlt die Linie, es ist ein Gemischtwarenladen.

Bei dem Begriff Lindenpark denkt jeder an ein reines Rockhaus. Das war vielleicht einmal, aber ist nicht mehr. Denn ein reiner Konzertschuppen lässt sich nicht finanzieren, der beste Beweis dafür war die Insolvenz vor einem Jahr. Und ich habe auch kein Problem mit dem Wort Gemischtwarenladen – wenn es denn die Bürger, die Bands, die Eltern und die Jugendlichen toll finden, hier zu sein. Da ist mir der Begriff dafür egal. Die großen Klubs in Berlin wie die Kulturbrauerei sind übrigens auch ein Gemischtwarenladen – von daher ist das Wort fast eine Auszeichnung.

Doch die Kritik steht nun einmal im Raum.

Ja. Aber was mich wundert ist, dass es eine Menge alter Lindenpark-Fans gibt, die an Althergebrachtem festhalten – die aber sind nicht hier, die sind imaginär, die nutzen das Haus nicht. Da sind Kinder, Jugendliche, Familien, dafür bekommen wir Fördergeld von der Stadt. Als Jugendkultur- und Familienzentrum sind wir perfekt aufgestellt. Dazu sollen hier hochkarätige internationale Bands spielen und nicht mehr so viele deutsche Gruppen.

Gerade davon ist, mit Verlaub, bislang nicht viel zu spüren. Sogar Zugpferde wie Subway To Sally veranstalten dieses Jahr ihr Weihnachtskonzert, das sonst immer für einen ausverkauften Lindenpark sorgte, in der benachbarten Metropolishalle.

Die Tradition mit Subway To Sally hätten wir gern fortgesetzt. Allerdings sind sie populärer geworden und können so mit viel mehr Besuchern planen – deswegen kann ich ihre Entscheidung für eine größere Halle nachvollziehen. Und richtig, unser Ziel von 30 internationalen Konzerten im Jahr haben wir noch nicht erreicht. Dafür braucht es aber auch mehrere Monate Vorlauf. Erste Erfolge mit Ray Wilson von Stiltskin können wir vorweisen – das wird aber noch mehr.

In der Vergangenheit wurde gelästert, dass der Verantwortliche im Lindenpark für das Buchen von Bands noch nicht einmal englisch sprechen konnte

Das ist jetzt anders. Wir haben jetzt gleich ein Team von Bookern – weil nicht jeder alles bedienen kann. Früher hatten wir allerdings ein noch größeres Problem, weil viele Künstler vor allem mit der veralteten Technik unzufrieden waren. So etwas spricht sich herum. Dieses Image müssen wir wieder verbessern.

Was muss sich noch ändern?

Für ein Haus ist es wichtig, einen Fahrplan zu haben. Tradition ist da wichtig. Aber man muss auch daran denken, dass hier in Babelsberg immer mehr Kinder geboren werden, junge Familien hier sind. Darauf sind wir vorbereitet.

Konkreter: Traditionen wie das Ska-Fest sollen auf der Kippe stehen, Party-Reihen wie Uni-Royal sind abgesetzt.

Das Ska-Festival hat in diesem Jahr glücklicherweise wunderbar funktioniert, das führen wir weiter. Anders ist es bei Party-Reihen wie Uni-Royal und RockShock – als ich hier ankam, waren beide so gut wie tot. Deswegen haben wir sie beendet. Ob es wieder eine Party für Studenten geben wird, wissen wir noch nicht. Deswegen reden wir gerade mit den Studierenden. Aber wenn es keinen Bedarf gibt, dann werden wir nichts Künstliches schaffen. Andere Partys wie Tanzrausch führen wir weiter. Und es wird eine neue Reihe Balkan Beats geben.

Auf Ihrer Internet-Seite ist von solchen neuen Ideen aber noch nicht viel zu sehen.

Noch diesen Monat wird es eine neue Homepage geben. Dort werden beide Seiten des Lindenparks präsentiert: der Ort für Konzerte und das Jugend-Familien-Zentrum. Wir führen noch eine Diskussion über ein neues Logo, wie sich darin Tradition und Zukunft verbinden können. Wir überlegen, ob wir vielleicht den Bus, der im Lindenpark steht, als Wahrzeichen des Hauses in das Signet einbauen.

Stichwort Bus: Dessen Zukunft ist auch Gegenstand von öffentlichen Diskussionen

und dieses Thema geht mir auf den Geist. Zunächst einmal gehört der Bus nicht uns, sondern dem Kommunalen Immobilienservice – dort wird entschieden. Und Fakt ist, dass der Bus halb draußen steht und deswegen eine Wand durchbrochen ist. Nun bekommen wir für die Sanierung des Hauses insgesamt 650 000 Euro auch dafür, künftig nicht mehr soviel Energie zu verbrauchen – doch dort, wo der Bus steht, blasen wir jetzt Wärme und Schall heraus. Das muss sich ändern – und wir laden die Leute ein, sich an konstruktiven Lösungen für dieses Problem zu beteiligen. Vielleicht können wir dem Bus endlich einmal eine Funktion geben. Aber, das will ich betonen, das Bus-Image ist mir zwar wichtig – unsere Inhalte und Nutzer aber auch.

Ein Sorgenobjekt war auch die Skaterbahn, weil sie keinen TÜV-Schein hatte.

Das Problem ist erledigt. Auch, weil die jungen Leute beim Fitmachen der Bahn geholfen haben, ist sie jetzt auf Sicherheit geprüft. Dies war billiger als erwartet.

Neben der Anlage ist noch Platz – und Sie hatten einmal Pläne für eine Kita.

Die sind noch aktuell: Es wird dort einen Neubau geben. Dafür haben wir einen Antrag zur Aufnahme in die Kita-Bedarfsplanung der Stadt gestellt. Wir planen, dass hundert Kinder versorgt werden können.

Und wie geht es am Stammhaus weiter? Dort sollte ein Keller für kleinere Veranstaltungen entstehen.

Das stimmt – klappt so aber aus technischen Gründen nicht. Stattdessen soll sich dort jetzt eine Trommelschule einrichten, die der Sandow-Schlagzeuger Lars Neugebauer betreiben wird. Allerdings soll da, wo sich jetzt die Bar neben dem Konzertsaal befindet, ein Raum für knapp 100 Gäste geschaffen werden. Darin soll ein Café entstehen, dass auch tagsüber geöffnet werden kann.

Vor einem halben Jahr war zudem noch unklar, ob der Hauptsaal kleiner wird.

Wir wollen seine Größe erhalten, auch wenn wir deswegen bei der Sanierung mehr Toiletten einbauen müssen. Wenn wir den Saal verkleinern wollen, werden wir ihn über ein neues Schienen-System mit Stofflaken aufteilen können.

Es klingt, als hätten Sie keine großen Sorgen – anders als etwa die ebenso neu gestarteten Waschhaus-Kollegen, die bereits über Geldprobleme klagten.

Uns geht es gut. Die Erhöhung der städtischen Fördersumme von 130 000 auf 300 000 Euro reicht. Unzufrieden sind wir nur mit dem Brandenburgischen Kultusministerium, dass uns zwar mit 50 000 Euro fördert, aber immer noch wie ein insolventes Haus behandelt. Zudem feilschen wir noch mit der Sparkasse über die Open-Air-Bühne, die noch zur alten Insolvenzmasse gehört.

Herr von Essen, Potsdam erlebt seit einem Jahr eine Diskussion über Jugend- und Soziokultur. Wo sehen Sie darin den Lindenpark, dessen S13-Jugendklub in das geplante „Freiland“-Projekt ziehen soll?

Ich würde mich sehr freuen, wenn der S13 aus seinem Ausweichquartier in neue Räume umziehen könnte. An der Diskussion ist auffällig, dass viel in Konkurrenzmustern gedacht wird. Ich denke, in Potsdam würden alle Einrichtungen profitieren, wenn sie mehr zusammenarbeiten. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass der Lindenpark auch die Waschhaus-Arena nutzt, wenn diese leer ist. So könnten Kapazitäten besser genutzt werden, die Kultur würde bunter – und der Gemischtwarenladen größer.

Das Gespräch führte Henri Kramer

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