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Landeshauptstadt: „Wir wollen doch kein altes Dorf werden“

In Satzkorn gibt es kaum das typische Ost-West-Problem/Übergangsvertrag mit Potsdam abgeschlossen

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In Satzkorn gibt es kaum das typische Ost-West-Problem/Übergangsvertrag mit Potsdam abgeschlossen Mit der Kommunalwahl am 26. Oktober soll Potsdam per Eingemeindung sieben neue Ortsteile bekommen, die an dieser Stelle vorgestellt werden. Heute: Satzkorn Von Winfried Gutzeit „Potsdam hat unsere Pläne im Friedrichspark seit 1992 gebremst“, sagt der Satzkorner Bürgermeister André Haufe. Zum Beispiel sollte dort den Bürgern eigentlich die Möglichkeit gegeben werden, in der Nähe zum Wohnort einzukaufen. „In den Dörfern ist ja in dieser Hinsicht in der 90er Jahren alles platt gemacht worden.“ Haufe lebt seit 1980 in Satzkorn und sitzt seit 14 Jahren in der Gemeindevertretung. 1990 war die Infrastruktur in Satzkorn für ländliche Verhältnisse ganz gut entwickelt. Noch zu DDR-Zeiten wurde in großen Teilen des Ortes eine neue Wasserleitung gelegt. Der Anschluss an das Abwassernetz dagegen erfolgte erst nach der Wende, vorher gab es keine zentrale Abwasserentsorgung. Das konnte vor vier Jahren komplett abgeschlossen werden. Nur die Grundstücke im Außenbereich wurden aus Kostengründen nicht berücksichtigt. Auch die Ferngasversorgung war neu für die Satzkorner. Jetzt haben alle Haushalte einen Gasanschluss. Wer vor 1990 ein Telefon hatte, konnte sich glücklich schätzen, aber auch dieses Problem ist längst Geschichte. „Unsere Infrastruktur ist heute eigentlich komplett.“ Nach 1990 ging aber erst einmal die große Entlassungswelle durch die Landwirtschaft und machte auch um Satzkorn keinen Bogen. 300 Mitarbeiter des Volkseigenen Guts (VEG) mussten 1992 nach Hause gehen. Doch kurz darauf kam auch ein Glücksfall ins Dorf: die Ansiedlung der Firma Bestbau. „Die haben uns damals zugesichert, geeignete arbeitslose Satzkorner einstellen zu wollen“, so Haufe. Und das Versprechen wurde auch gehalten. Zudem ist die Firma jetzt nach der anfänglichen Steuerfreiheit für Gewerbe-Neuansiedlungen ein guter Steuerzahler in der Gemeinde. Die großen landwirtschaftlichen Betriebe sind verschwunden. Einzig der Obsthof Satzkorn im ehemaligen Tulpenhaus führt die Tradition der Plantagenwirtschaft fort und vermarktet seine Produkte über die Obstscheune vom Obstgut Marquardt an der Bundesstraße 273. Der andere Betrieb ist ein Neugründer. Torsten Huschke, Sohn einer Bauernfamilie in Seeburg, hat sich auf einem Teil des ehemaligen VEG angesiedelt und betreibt Landwirtschaft und einen Reiterhof. Das ist eigentlich ein Glück, da in Satzkorn ansonsten jetzt kaum noch Landwirtschaft stattfindet. Das freut auch viele der Zugezogenen im Ort, die extra wegen der ländlichen Umgebung gekommen sind. „Das sind überwiegend Leute aus Potsdam, wir haben also bei uns kaum das typische Ost-West-Problem, was man in anderen Gemeinden beobachten kann.“ Und diese neuen Satzkorner sorgten auch für eine Belebung der Gemeinde. Die einheimische Feuerwehr ist eigentlich 76 Jahre alt, hatte aber seit langem keinen Wehrführer mehr. „Erst durch die vielen Zuzüge in den 90er Jahren war eine Reaktivierung wieder möglich. Es fanden sich endlich geeignete Leute, die auch zum Mitmachen bereit waren“, erzählt Haufe. Heute ist die Freiwillige Feuerwehr ein wichtiger Faktor für das dörfliche Leben in Satzkorn. „Wir haben ja sonst nicht mehr viele Möglichkeiten.“ Da ist die Feuerwehr gerade für Kinder und Jugendliche wichtig. Bei dieser Entwicklung sind die Neu- und Alt-Bürger richtiggehend zusammen gewachsen, genau wie beim Seniorenverein. Die Infrastruktur ist entwickelt, das Dorfleben in Gang gekommen. Was bleibt noch zu tun? „Dringend erforderlich ist der Bau eines Radwegs zur Schule in Fahrland“, gibt der Bürgermeister zu bedenken. Genauso wie ein Weg zum künftigen Bolzplatz in der Außensiedlung. „Da können wir nicht warten, bis die Kreisstraße zur B 273 irgendwann einmal einen Radweg erhält.“ Weiterhin könnte auch im Rahmen des Programms „ländlicher Wegebau“ die alte Verbindung nach Uetz am alten Bahnhof vorbei wieder möglich werden. Der Bahnhof sollte wieder reaktiviert werden, wenn im Friedrichspark endlich weiter gebaut wird. Was aber besonders wichtig ist: Der Eigenheimbau in Satzkorn muss weiter gehen, zehn Häuser sind in einer Ergänzungssatzung geplant. „Wir wollen doch keinen großen Baugebiete. Unsere jüngeren Bürger müssen aber einfach die Möglichkeit haben, sich im Heimatort ihr Haus zu bauen.“ Einige seien bereits weggezogen und haben woanders gebaut. Dann würde auch die Alterspyramide bald nicht mehr stimmen. „Wir wollen doch kein altes Dorf werden.“ Für Satzkorn kam neben der Selbstständigkeit auch eine Großgemeinde Fahrland als Kompromiss in Frage, aber nicht der Anschluss an Potsdam. Dazu stehen die Bürger nach wie vor, denn das Verhältnis zu Potsdam ist durch dessen Interventionen gegen den Friedrichspark nicht ganz unbelastet. „Bei uns wurde beim Bürgerentscheid die Frage ,Wollen Sie eine Großgemeinde bilden?“ gestellt. Das hat die große Mehrheit der Bürger auch gewollt“, stellt Haufe fest. So bleibt nur die Klage vor dem Verfassungsgericht. Trotzdem wurde ein Übergangsvertrag mit der Stadt Potsdam abgeschlossen, jedoch mit der Klausel: Sollte die Klage keinen Erfolg haben, so tritt dieser Vertrag in Kraft.

Winfried Gutzeit

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