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Landeshauptstadt: Wirklich nur eine Sachbeschädigung?

Neu Fahrlands Ortsvorsteherin zeigte bei der Polizei einen Einbruch an. Die Beamten glaubten ihr nicht

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Die Neu Fahrländer Ortsvorsteherin Carmen Klockow streitet sich mit der Polizei. Es geht um eine eingeschlagene Scheibe der Terrassentür ihres Hauses: Sie glaubt, ein Dieb habe versucht einzubrechen. Doch die Polizei wertet den Fall lediglich als Sachbeschädigung und nicht etwa als versuchten Einbruch. „Es ärgert mich, wie in diesem Fall ermittelt wurde“, sagte die Ärztin gegenüber den PNN.

Es geht Klockow nicht nur um die Arbeitsweise der Ermittler, sie sieht auch einen Zusammenhang zu den Vorwürfen, dass bei der Potsdamer Polizei die Kriminalstatistik geschönt werde. Hinzu kommt: Fälle wie der von Klockow können für Betroffenen unangenehme Konsequenzen haben. Versicherungen zahlen nur bei Einbrüchen, für Vandalismusschäden kommen sie dagegen nicht auf.

Der Vorfall bei den Klockows ereignete sich bereits am 22. März auf ihrem Grundstück in Neu Fahrland. An diesem Nachmittag entdeckt das Ehepaar, dass die äußere Scheibe der doppelt verglasten Terrassentür ihres Hauses eingeschlagen wurde. Es rief die Polizei – und kann sich seither nur wundern. „Nachdem sich die Beamten das Ganze etwas lustlos angeschaut haben, werteten sie den Fall sofort als Sachbeschädigung“, so Klockow. Die Begründung: Das Loch in der Scheibe sei zu weit vom Türgriff entfernt und ohnehin sei niemand ins Haus gelangt.

Klockow sieht das völlig anders. Für sie handelt es sich eindeutig um einen versuchten Einbruch, der aus unbekannten Gründen abgebrochen wurde. „Vielleicht deswegen, weil nach dem Bruch der Scheibe unser Hund angeschlagen hat.“ Eine bloße Sachbeschädigung sei aus ihrer Sicht unlogisch: „Es widerspricht doch jeder Lebenserfahrung, dass sich jemand in den hinteren Bereich eines Grundstücks begibt, um dort eine Terrassenscheibe einzuschlagen und dann einfach wieder zu verschwinden.“ Plausibel werde eine solche Handlung nur, wenn man unterstelle, dass der oder die Täter versucht hätten, in das Haus zu gelangen, dabei aber gestört wurden.

Klockow erzählt den Fall erst jetzt öffentlich, sie wollte ihn aus dem Kommunalwahlkampf heraushalten. Am Sonntag war die 2013 aus der CDU ausgetretene Politikerin mit 73,5 Prozent wieder in den Ortsbeirat gewählt worden. Zudem hatte sie für das Bürgerbündnis fast 1200 Wählerstimmen geholt und damit ein Mandat als Stadtverordnete errungen.

Nun liefert sich Klockow mit Polizei und Staatsanwaltschaft einen regen Briefwechsel. Die Polizei weist die Darstellung der Politikerin zurück: Behördensprecher Heiko Schmidt sagte den PNN, „objektive Anhaltspunkte“ für einen versuchten Einbruchsdiebstahl seien nicht vorgefunden worden. Daher sei der Fall als Sachbeschädigung gewertet worden. Die Polizei halte sich bei der Auswahl des infrage kommenden Straftatbestandes an die geltenden Rechtsnormen, versicherte Sprecher Schmidt. Auch die Potsdamer Staatsanwaltschaft habe den Fall als Sachbeschädigung gewertet – dort sind die Ermittlungen laut einem Schreiben der Behörde inzwischen ohnehin eingestellt.

Ortsvorsteherin Klockow will sich damit nicht zufriedengeben. Bei der Staatsanwaltschaft hat sie Einspruch eingelegt. Und bereits vor zwei Monaten hat sie eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim Polizeipräsidium des Landes Brandenburg gestellt. Die Behörde antwortete, man werde die Beschwerde an die Polizeidirektion West weiterleiten – also jene Direktion, die auch für die von Klockow kritisierten Ermittlungen zuständig war. Seitdem hörte sie nichts mehr. „Diese Beschwerde wird dann wohl folgenlos bleiben“, erklärte Klockow sarkastisch. Polizeisprecher Schmidt sagte, die Beschwerde werde noch bearbeitet.

Bei der Sache geht es nicht nur um die Frage, wer Recht hat. Es geht auch um Geld. Das bestätigt Danny Ziemann von der Potsdamer Allianz-Versicherung den PNN. So sei Sachbeschädigung gemeinhin nicht versicherbar. Für Terrassentüren könne man nur eine generelle Glasversicherung abschließen. Dagegen würde bei einem Einbruch die Versicherung regulieren können. Allerdings kämen strittige Fälle wie der von Klockow in seiner Filiale keineswegs massenhaft vor, so Ziemann.

Dennoch kommt Klockow die Sache merkwürdig vor. Sie erinnert auch an die Vorwürfe gegen die Polizei, die Kriminalstatistik zu schönen und die Zahl der Straftaten herunterzurechnen – was die Polizei bestreitet. Ihre zerbrochene Scheibe gilt nun als Sachbeschädigung statt als Einbruchsversuch – ein solcher Fall weniger in der Statistik (siehe Kasten). Einen solchen Zusammenhang weist Polizeisprecher Schmidt zurück: „Es wurden einfach keine Merkmale für die Einordnung als Einbruch festgestellt – insofern darf keine solche Anzeige aufgenommen werden, auch wenn das für die Schadensregulierung bei Versicherungen aus Sicht der Geschädigten wünschenswert wäre.“ Die Polizei habe sich bei Ermittlungen streng an das Gesetz zu halten und nicht an individuelle Versicherungsbedingungen. Dem widerspricht Klockow: Sie habe noch nicht einmal mit einer Versicherung gesprochen, die Tür werde sie wohl selbst reparieren lassen. Ihr gehe es vielmehr ums Prinzip – und auch um das generelle Bild der Polizei, das durch die Vorwürfe der Trickserei ohnehin gelitten habe.

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