Homepage: Wissenschaft fest in Männerhand Kostenlose Teamtrainings für Forschergruppen
Unter Naturwissenschaftlern tobt der Geschlechterkampf. Das zumindest ist der Befund der Potsdamer Politologin Patricia Graf.
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Unter Naturwissenschaftlern tobt der Geschlechterkampf. Das zumindest ist der Befund der Potsdamer Politologin Patricia Graf. Für ein Projekt am Fachbereich Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Potsdam interviewte sie bundesweit rund 30 Führungskräfte an außeruniversitären Forschungsinstituten wie der Fraunhofer-Gesellschaft oder der Max-Planck-Gesellschaft. Zudem wurden rund 700 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an den Instituten online befragt. Das Ergebnis ist niederschmetternd: Die außeruniversitäre Forschung befindet sich noch stärker in Männerhand als die Wissenschaft an Hochschulen. Betrage der Frauenanteil unter den wissenschaftlichen Mitarbeitern an Universitäten noch 38 Prozent, liege er in den Forschungstinstituten bei 32 Prozent. Von den Führungskräften sind dort sogar nur sieben Prozent weiblich – auch die Hochschulen nehmen sich mit neun Prozent Professorinnen an den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultäten aber nicht gerade vorbildlich aus.
Ein Grund für die Benachteiligung ist die ungerechte Verteilung der Karrierechancen, wie die Studie nahelegt: So werden Frauen bei Publikationen seltener als Co-Autorinnen genannt, obwohl sie an den Ergebnissen mitgearbeitet haben. Sie werden auch seltener als ihre männlichen Kollegen einbezogen, wenn es um Drittmittelanträge geht. Das hätten sowohl Männer als auch Frauen bestätigt.
Paradoxerweise fühlen sich die Männer trotzdem benachteiligt, wie Graf berichtet: Im offenen Teil der Befragung habe es „massenhaft“ Beschwerden von Wissenschaftlern gegeben, die die Gleichstellungsmaßnahmen an ihren Instituten kritisieren. Vor dem Hintergrund des hohen Drucks durch befristete und vergleichsweise schlecht bezahlte Arbeitsverhältnisse seien sie der Meinung, dass die Frauenförderung auf ihre Kosten gehe, vermutet Graf.
Damit sich das ändert, bietet sie mit ihrer Projektgruppe kostenlose Teamentwicklungstrainings an. Dabei werden die bis zu 15-köpfigen Forschergruppen an drei halben Tagen unter anderem im Feedback geschult, gruppeninterne Konflikte werden analysiert und „versteckte Kompetenzen“ sichtbar gemacht. Oft sei innerhalb eines Teams nicht klar, welche methodischen Fähigkeiten die einzelnen Mitglieder überhaupt mitbringen, sagt Graf: Forscher schweigen etwa, weil sie nicht ausdrücklich danach gefragt werden, aber auch aus Angst davor, dass die Kollegen sie mit Mehrarbeit belasten könnten.
Patricia Graf wünscht sich eine „neue Arbeitskultur“ in der Wissenschaft: „Es gibt heute weder Führungskräftetraining noch Mitarbeiterfeedback“, kritisiert die 33-Jährige. Stattdessen herrsche vielerorts „Präsentismus“ – es gilt als normal, möglichst lange am Arbeitsplatz zu sein. „Die Befragten geben teilweise 70-Stunden-Wochen an – ich kann mir nicht vorstellen, dass das effektiv ist“, sagt Graf. Mit ihrem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt will sie auch die Institute stärken, die sich um andere Wege bemühen. Gutes Beispiel sei das Potsdamer GeoForschungsZentrum, wo es unter anderem Teilzeitmodelle gebe.
Anmeldung zum Teamtraining bei Patricia Graf unter Tel.: (0331) 977 34 76 oder per Mail: patricia.graf@uni-potsdam.de
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