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Steffi Pyanoe.

© A. Klaer

Kolumne PYAnissimo: Wo das Geld auf der Straße liegt

Wo ist das Ordnungsamt, wenn man es braucht? Wie viel Geld könnte die Stadt hier einnehmen? Es liegt buchstäblich auf der Straße.

Stand:

Sonntagmittag wird in der Schiffbauergasse aufgeräumt. Vor dem Waschhaus ist jemand am Arbeiten. Lässig hält er einen Dreck-Puster, im Volksmund oft fälschlicherweise Laubsauger genannt, aber er saugt ja nicht, er bläst. Und zwar den Dreck weg. Von dem Ort, wo man ihn nicht haben will, irgendwo anders hin. In diesem Fall von der Terrasse des Waschhauses drei Stufen hinunter auf den öffentlichen Platz. Es dauert eine Weile, aber der Typ im Blaumann ist geduldig. Job ist Job. Nach fünfzehn Minuten Getöse ist der Raucher-Außenbereich des Waschhauses sauber. Und Hunderte Kippen, Zigaretten- und Streichholzschachteln, Coupons, Flyer und Tausende Papierschnipsel der letzten Konfettiparty liegen ein paar Meter weiter. Der frischen Brise, die von der Havel herüberweht, ausgeliefert. Der Blaumann ist verschwunden.

Wo ist das Ordnungsamt, wenn man es braucht? Wie viel Geld könnte die Stadt hier einnehmen? Es liegt buchstäblich auf der Straße. Denn laut Bußgeldkatalog ist das Wegwerfen, Liegenlassen, Vergraben und Wegschütten von Hausmüll eine Ordnungswidrigkeit. Für Dinge „unbedeutender Art, z. B. Zigarettenschachtel, Pappbecher, Pappteller, Papierstück, Taschentuch, Inhalt von Aschenbechern, Stoffreste, Obst- und Lebensmittelreste (Bananenschale etc.), flüssige Abfälle bis 1/2 l (Spülmittel, Farbreste etc.)“ wird eine Geldbuße von 15 Euro fällig.

Hundehaufen kosten bis zu 20 Euro

Konsequent angewendet könnte das richtig Spaß machen. Selbstverständlich nicht nur in der Schiffbauergasse. Einfach mal Mitarbeiter an einer versifften Bushaltestelle aufstellen. Oder an einer Ampelkreuzung mit langer Rotphase. Dort können sie live erleben, wie genervte Autofahrer Kippen aus dem Fenster schnipsen. Und dann wäre da noch das Thema Hundekacke. Haufen „insbesondere auf Gehwegen und Kinderspielplätzen“ kosten bis 20 Euro. Wenn Herrchen gegen den Baum wildpinkelt, kommen noch etwa 35 Euro drauf, plus möglicherweise 15 Euro für Kippe oder Kaffeebecher – da läppert sich was zusammen. Aber dazu müsste die Arbeitsgruppe Inspektionsaußendienst wahrscheinlich Nachtschichten schieben. Wer will das schon. Viel schöner ist es, in der Märzsonne Park-Knöllchen zu schreiben und Geschwindigkeiten hinter tags zuvor aufgebauten Geschwindigkeitsbegrenzungsschildern zu messen. Oder dem Gras beim Wachsen zuzuschauen, um die zarten Halme dann dem freundlichen Anwohner in Rechnung zu stellen.

Heute allerdings droht keine Gefahr. Die Bußgeldstelle ist geschlossen, weil sie eine neue Software bekommt. Mal sehen, was der Bürger davon mitbekommt. Es bleibt spannend.

Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg

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