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Im „kleinen Schlafzimmer“ des Neuen Palais beliebten Kaiser Friedrich III. und Kaiser Wilhelm II. mittags zu ruhen. 

© dpa

Nickerchen im Neuen Palais: Wo der Kaiser sein Mittagsschläfchen machte

Das Herrenschlafzimmer neben dem Marmorsaal im Neuen Palais ist nach zweijähriger Restaurierung wieder geöffnet.

Potsdam - Es ist ein Koloss von einem Bett: Rund drei Meter hoch thront der geschnitzte und vergoldete Baldachin über der kaiserlichen Schlafstatt, die wie ein mächtiger Altar aus Holz und Seide aus dem Alkoven des sogenannten Herrenschlafzimmers ragt. „Es ist eines von wenigen erhaltenen Paradebetten aus dem 19. Jahrhundert, von denen es damals sehr viele im Neuen Palais gab“, sagte die Textil-Restauratorin Sabrina Müller von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) am Donnerstag bei der Neueröffnung des Herrenschlafzimmers, das nach zwei Jahren Restaurierung wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

Es war jedoch nicht so sehr das Bett, sondern vor allem die Wandverkleidung aus Seide, welche den Ausschlag gab, das fürstliche Schlafgemach zu renovieren: „Tapeten von grünem Dammast und vergoldten Zierrathen“ schmückten die Wände, wie es im ersten Inventar des Raums von 1784 heißt. Die lichtempfindlichen Stoffe waren jedoch im Laufe der Zeit immer mehr zerfallen und hatten Risse bekommen. Im lichtgeschützten Alkoven waren die Tapeten noch sehr gut erhalten, an anderen Stellen mussten schadhafte Stellen mit chirurgischen Näharbeiten ausgebessert werden. Der Großteil jedoch war nicht zu retten, weshalb man sich für eine Kopie der Tapete entschied.

Das "Obere kleine Schlafzimmer" ist wieder für Publikum zugänglich.
Das "Obere kleine Schlafzimmer" ist wieder für Publikum zugänglich.

© ZB

Originalfarbe konnte ermittelt werden

Doch welche Farbe hatten die verblichenen Stoffe einst? „Durch eine Holzleiste, die die Seide vor dem Licht geschützt hat, konnten wir die Originalfarbe ermitteln“, sagte Müller. Es sei nicht ganz einfach gewesen, eine Seidenweberei zu finden, welche die Wandverkleidung nach historischem Vorbild herstellen konnte, so Müller: „Wir haben dann eine Weberei in Italien gefunden.“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die kostbare Seide mit den Palmettmustern schimmert metallisch grün von den über vier Meter hohen Wänden herunter, eingerahmt wird sie von vergoldeten Zierleisten, die ebenfalls restauriert wurden.

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Das Herrenschlafzimmer liegt direkt neben dem Marmorsaal: Als Teil des Oberen Fürstenquartiers befindet es sich im ersten Obergeschoss an der westlichen Seite des Hauptbaus im Neuen Palais. Zunächst als Rückzugsraum für erlauchte Besucher:innen des Königs gedacht, wurde das Zimmer später intensiv von Kaiser Friedrich III. und Kaiser Wilhelm II. genutzt. Dabei wurde es mehrfach renoviert, ein Badeinbau machte den Raum nach einer Notiz von 1896 zum „Toilettezimmer Seiner Majestät des Kaisers“. Auch Elektrik hielt damals Einzug ins Schloss: Die schwarzen Kabel an der stuckverzierten Decke stehen ebenso unter Denkmalschutz wie der Rest des Herrenschlafzimmers.

Das Neue Palais im Park Sanssouci. 
Das Neue Palais im Park Sanssouci. 

© dpa

Bett gelangte um 1900 in das Berliner Schloss

Etwa 80 bis 90 Quadratmeter ist der Raum groß – und dabei handelte es sich nur um das „Kleine Schlafzimmer“, wie die Chefrestauratorin der SPSG, Kathrin Lange, betonte. Der Kaiser geruhte hier jedoch nicht zu nächtigen, das tat er im „Großen Schlafzimmer“; das Herrenzimmer diente vielmehr dazu, sich tagsüber auszuruhen und ein Mittagsschläfchen zu halten. Deshalb ist es nicht ganz korrekt, dass das Paradebett nun hier steht: „Das Bett ist eigentlich etwas zu groß für den Alkoven, tatsächlich stand hier früher ein Lit à la polonaise“, so Lange. Dabei handelt es sich um ein etwas kleineres Bett, das Paradebett hingegen stand ursprünglich vermutlich im Prinzessinnenzimmer.

„Über dieses Bett ist viel Zeitgeschichte hinweggegangen“, sagte Sabrina Müller. Nach vielen Jahrzehnten im Neuen Palais gelangte es um 1900 in das Berliner Schloss, bevor es 1939 durch die Familie Hohenzollern für das Schloss Celle verkauft wurde. 2013 konnte es von der Erhardt’schen Stiftung Berlin für die SPSG erworben werden. Nun ist es nach aufwändiger Restaurierung wieder ins Neue Palais zurückgekehrt.

Textil-Restauratorin Sabrina Müller erläuterte die Arbeiten. 
Textil-Restauratorin Sabrina Müller erläuterte die Arbeiten. 

© ZB

Auch der Rest des Herrenschlafzimmers wurde aufwändig renoviert: Die Restaurator:innen reinigten und konservierten die Farben an Wänden und Türen und restaurierten die Decke mit der vergoldeten Stuckornamentik. Über ein Dutzend Mitarbeiter:innen aus verschiedensten Fachbereichen der SPSG haben in den vergangenen zwei Jahren am Herrenschlafzimmer gearbeitet. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 157.300 Euro, 10.000 Euro flossen alleine in die Restaurierung des Paradebettes. Gefördert wurde die Maßnahme durch die Annemarie Hilgemann Stiftung mit insgesamt 60.000 Euro.

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