
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Wo ist das Kind hin?
Sechs Potsdamer Schüler sind eines der bundesweit besten Teams für „Jugend gründet“
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Eine Mutter bleibt vor einem Schaufenster stehen. Ohne es zu merken, entfernt sich ihr kleiner Sohn, um die Umgebung auf eigene Faust zu erkunden. Verloren gehen kann er aber nicht, denn als sich der Junge mehr als 100 Meter von seiner Mutter entfernt, vibriert an deren Handgelenk das „b2gether“-Armband, das über Funk mit dem Armband des Sohnes verbunden ist. Zur Not kann sie sogar auf ihrem Smartphone per GPS nach dem Standort ihres Kindes suchen.
Eine fiktive Szene, denn noch gibt es dieses Sicherheitsarmband für Eltern und Kinder nicht. Was es jedoch gibt, ist ein umfangreicher Business-Plan für „b2gether“, der von sechs Schülern des Potsdamer Helmholtz-Gymnasiums erstellt wurde. Damit haben es Niklas Dorner, Malte Hahnfeld, Louis-Alexander Liebner, Kolya Schmidt, Johannes Weber und Leonard Westphal als „Team4Technics“ geschafft, als eines von bundesweit sechs Schülerteams zum Wettbewerb „Jugend gründet“ des Bundesbildungsministeriums eingeladen zu werden. Am 19. März werden sie dazu in Leipzig vor einer Jury ihre Geschäftsidee präsentieren.
Damit konnten sich die Schüler gegen 632 andere Teams aus ganz Deutschland durchsetzen, das Helmholtz-Gymnasium nahm zum ersten Mal an dem Wettbewerb teil. „Wir sind da sehr überraschend reingekommen, denn von allen teilnehmenden Teams aus unserer Klasse hatten wir mit einer 2- die schlechteste Note bekommen“, sagt der 16-jährige Niklas Dorner. Die Mitschüler hatten Businesspläne für Sonnenbrillen-Kontaktlinsen, einen Online-Vertrieb für BHs oder Patenschaften für Bauernhof-Tiere erstellt.
Das „Team4Technics“ hingegen hatte anfangs große Probleme, überhaupt ein Produkt zu entwickeln: „Wir hatten verschiedene Ideen, zum Beispiel herausziehbare Steckdosen, die man an einem Kabel aus der Wand ziehen kann“, sagt Dorner. „Aber dann haben wir gegoogelt und alle Sachen gab’s schon.“ Leonard Westphal kam schließlich auf das Sicherheitsarmband: „Ich hatte bei meinem Onkel so ein Fitness-Armband mit USB-Anschluss gesehen und überlegte mir, wie man das ausweiten könnte. Eltern, die so ein Armand benutzen, merken etwa, wenn ihr Kind auf die Straße läuft“, sagt der 17-Jährige. Zunächst hatten sich die sechs keine großen Chancen ausgerechnet, da es auch hier schon vergleichbare Produkte gab: „In Amerika gibt es zum Beispiel verbundene Telefone oder GPS-Halsbänder für Haustiere“, sagt Dorner. „Aber so ein Armband für Eltern und Kinder, von denen beide eines tragen, gibt es halt noch nicht.“ Als die Einladung zum Wettbewerb kam, brach Euphorie aus: „Louis wollte sogar gleich ein Patent anmelden“, sagt Dorner. „Wir sind schon gespannt, was die Jury in Leipzig sagt und was die anderen Teams so machen.“
Den Schüler ist zwar bewusst, dass das von ihnen entwickelte Armband als Überwachungsinstrument benutzt werden kann, um Kinder in ihrer Freiheit einzuschränken, sie zu kontrollieren – sie halten diese Gefahr aber für gering: „Wir trauen den Eltern da einfach“, sagt Dorner. „Außerdem ist das Armband vor allem für kleine Kinder gedacht und nicht um zu schauen, wo sich der 16-jährige Sohn gerade herumtreibt.“
Der Business-Plan enthält zum Teil detaillierte Eckdaten für „b2gether“: „Wir haben geschätzt, dass wir im ersten Jahr rund 1500 Stück verkaufen würden, der Preis würde etwa bei 230 Euro liegen“, sagt Kolya Schmidt. Um den festzulegen, haben sie nach Konkurrenzprodukten recherchiert und sich daran orientiert. Es sei eine Herausforderung gewesen, den Plan zu schreiben: „Er muss komplett stimmig sein, nichts darf sich widersprechen. Man sieht daran, dass es nicht reicht, einfach eine gute Idee zu haben und dann wird man reich.“
Die sechs eingeladenen „Jugend gründet“-Teams werden an einer zweiten Phase des Wettbewerbs teilnehmen: Dabei müssen sie ein virtuelles Unternehmen führen und es mit den richtigen Entscheidungen durch konjunkturelle Schwankungen führen. Den Siegern winkt eine Reise ins Silicon Valley.
Große Ambitionen, später tatsächlich Unternehmen zu gründen, haben die Helmholtz-Schüler nach eigener Aussage nicht. Falls doch, gibt es immerhin schon einen Werbe-Slogan für „b2gether“: „Hurra, Hurra, das Kind ist da!“ „Den habe ich mir eine Nacht vorher ausgedacht“, verrät Dorner und grinst. „Er kam gut bei der Jury an“, sagt Schmidt. Erik Wenk
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