Von Henri Kramer: Wo Polizisten oft gleich Feinde sind
Models inklusive: Zwei Potsdamer und eine Internetseite, die Afrikanern und ihrer Heimat helfen soll
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Die Frage ist schwer zu beantworten. „Ich lebe in einem kleinen Dorf, das so von Weißen dominiert ist, dass sogar halbdunkle Hautfarbe als schwarz bezeichnet wird. Wie aber kann ich meinem kleinen Sohn erklären, dass er mit seiner Hautfarbe weder anders ist noch etwas Spezielles, dass er einfach so ist wie alle?“, fragt eine unbekannte Mutter mit dem Fantasie-Namen „babygal“ im Online-Forum von Sikizwa.com. Auf dieser kostenlosen Internetseite sind viele solcher Fragen zu finden – und Antworten darauf. Das optimistische Leitmotiv für die Homepage findet sich neben einem Tigerkopf mit aufgerissenem Maul: „Werdet gesehen. Werdet gehört.“
Die Idee zu dieser neuen virtuellen Text-Welt Sikizwa.com kommt aus Potsdam. George Milare und George Nyanyuma, beide sind Mitte 30 und stammen aus Kenia, leben seit Jahren in der Landeshauptstadt. „Wir möchten mit unserem Projekt dabei helfen, dass sich Afrikaner hier in Deutschland besser integrieren können“, sagt George Milare.
Für die Grundidee gibt es auf Sikizwa.com viele Optionen: Neben einem Spendenprogramm für bedürftige Afrikaner sollen neu Zugezogene in Online-Foren ganz praktische Lebenshilfe für die deutsche Wirklichkeit erhalten. „Bei uns denken viele, dass Leben in Europa wäre ganz einfach“, sagt George Milare.
Er lebt im Kirchsteigfeld, sein Kumpel George Nyanyuma am Schlaatz. Es gäbe in Deutschland viele Vorteile, sagen die beiden Männer – doch prinzipiell seien Afrika und Deutschland nicht vergleichbar, zu unterschiedlich seien der Lebensstandard, die Gepflogenheiten, die Vorurteile, „Wir müssen zum Beispiel immer wieder betonen, dass die Polizei hier in Deutschland wesentlich freundlicher agiert – bei uns werden Polizisten oft gleich als Feinde gesehen.“
So ist es für die Sikizwa-Erfinder auch wichtig, trotz der neuen Umgebung den Kontakt zur eigenen Kultur zu halten und über Entwicklungen in der Heimat zu reden. In den Online-Diskussionen geht es auch um Tabuthemen. Zum Beispiel Homosexualität, die in Kenia immer noch mit Gefängnisstrafe geahndet wird. Oder um die schmerzvolle Beschneidung junger Frauen, die in Kenia auch unter Strafe steht, aber noch praktiziert wird. Ein Schreiber empört sich darüber, dass die jungen Studentinnen in Kenias Hauptstadt Nairobi beim Sex immer häufiger die Anti-Baby-Pille verwenden würden, aber trotz Aids-Gefahr kein Kondom. Anderswo in dem verzweigten Online-Forum geht es um Pfusch am Bau, weswegen vor Monaten in Nairobi ein Haus zusammenstürzte und etliche Menschen in den Tod riss. „Wann hat sich die Regierung je um so etwas gekümmert?“, zürnt einer der rund 500 registrierten Sikizwa-Nutzer.
Zugleich wollen George Milare und George Nyanyuma gegen solche Chaos- Klischees von Afrika angehen, andere Seiten betonen. Dazu passt ein Schönheitswettbewerb mit afrikanischen Models, den beide über Sikizwa.com organisieren und der am 3. April in Berlin stattfindet. „Party, Musik, Beauty-Shows“ – die Werbung verheißt einen heiteren, auch optimistischen Abend. „Werdet gesehen. Werdet gehört“, steht auf dem Flyer zur Show. Zu dieser Haltung, sich in Deutschland einfach als Afrikaner zu präsentieren, passt auch die Antwort auf die Frage einer Mutter nach der Hautfarbe ihres Sohns und wie man das erklären sollte. Sei offen, rät ein Moderator aus dem Sikizwa-Team: „Sage, dass der Vater weiß war und du schwarz und das dies nichts Ungewöhnliches ist. Alles andere ist gleich: Das Blut ist rot, die Zunge pink und jeder hat zwei Augen, zwei Beine und zwei Arme.“
Im Internet:
www.sikizwa.com
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