
© Nestor Bachmann dpa/lbn
Von Juliane Schumacher: Wo Tiere tafeln
Am morgigen Samstag öffnet auch in Potsdam eine Ausgabestelle für Tiernahrung
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Claudia Hollm hat 2006 die erste Tiertafel ins Leben gerufen. Im Fernsehen hatte sie zuvor einen Bericht über eine Familie gesehen, die ihren geliebten Hund ins Tierheim geben musste, nachdem der Vater seine Arbeit verloren hatte. Kein Einzelfall, dachte Hollm – und gründete den Verein Tiertafel Deutschland. In der havelländischen Kleinstadt Rathenow wollte sie ausprobieren, ob Bedarf besteht und das Modell funktioniert. Es klappte und verbreitete sich schließlich rasch in ganz Deutschland.
Am morgigen Samstag eröffnet auch in Potsdam eine Ausgabestelle der Tiertafel, die deutschlandweit 19. und nach Rathenow und Rhinow die dritte in Brandenburg. 800 bis 900 Menschen aus Potsdam und dem Berliner Süden werden die Tafel langfristig nutzen, schätzt Hollm. „Der Bedarf ist riesig.“ Davon geht auch Gabriele Daubas aus, die seit April die Tiertafel in Potsdam zusammen mit sieben Mitstreitern vorbereitet.
Die Notwendigkeit des Projektes hat Daubas persönlich erfahren: Im November vergangenen Jahres, habe sie vor der Tierklinik in Potsdam ein weinendes junges Paar getroffen, erzählt sie. Es habe die Behandlung für seinen schwer kranken Welpen nicht bezahlen können.
„Für mich war das ein Schlüsselerlebnis“, sagt Daubas, die damals einsprang und die Kosten übernahm. „Wir müssen den Menschen und den Tieren helfen.“ Künftig soll in ähnlichen Fällen die Tiertafel eine Anlaufstelle sein.
Nicht nur Futter und Spielzeug für Hunde und Katzen soll es dort kostenlos geben, sondern auch ein Tierarzt wird vor Ort sein, um Tiere kostenlos zu impfen und zu behandeln. Futter wird nur ausgegeben, wenn die Bedürftigkeit durch einen Hartz-IV-Nachweis oder Rentenbescheid erwiesen ist und wenn das Tier dabei ist. Schließlich geht es laut Daubas außer der Versorgung mit Futter auch um Hilfe bei Problemen und um Beratung.
Dass solche Unterstützung mindestens ebenso wichtig ist wie Füttern, hat Hollm bei ihrer Arbeit bald erkannt. Denjenigen, die zur Tiertafel kommen, mangele es nicht an Liebe für ihr Tier, erläutert sie. Im Gegenteil: „Gerade für alte Menschen ist ihr Tier oft der einzige Bezugspartner, den sie noch haben.“ Doch fehle es oft am nötigen Geld und Wissen. Jede Informationsquelle - sei es Internet, eine Fachzeitschrift oder eine Beratung beim Tierarzt - koste schließlich etwas. Gerade ältere Leute besäßen oft auch ältere Tiere, die besondere Pflege nötig hätten.
Das Futter wird die Tiertafel Potsdam zunächst größtenteils über die Zentrale in Rathenow beziehen, davon das meiste aus Spenden von Tierfutter-Produzenten. Langfristig müssen sich die Ausgabestellen jedoch zusätzlich um eigene Quellen bemühen. Dabei sollen prominente Paten helfen. In Potsdam wird am Samstag unter anderem der Starfriseur Udo Walz bei der Eröffnung zu Gast sein, aber auch Politiker wie die CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche und der Berliner FDP-Abgeordnete Mirco Dragowski haben sich angekündigt.
Juliane Schumacher
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