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Landeshauptstadt: Wodka aus Gletscherwasser

Beim Naturfoto-Herbst berichten Fotografen noch bis Ende November aus aller Welt: Franziska Pauliuk segelte durch die Antarktis

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Vom Segelspaß auf dem Brandenburger Baggersee bis zur Herausforderung im Südlichen Polarkeis – Franziska Pauliuk hat es getan. Beim siebenten Potsdamer Naturfoto-Herbst war die Biologin aus dem kleinen Dorf Uebigau bei Herzberg die jüngste Referentin im Haus der Natur in der Lindenstraße, wo noch bis Ende November jeden Donnerstag Naturfotografen über ihre Abenteuer und Entdeckungen berichten werden.

Die 26-Jährige hatte sich nach Beendigung ihres Biologiestudiums an der Potsdamer Universität entschieden, für ein Jahr auf Reisen zu gehen und war in Südamerika unterwegs, als sie das Angebot bekam, von Feuerland zur Antarktischen Halbinsel zu segeln. „Der Kapitän suchte noch Crewmitglieder“, berichtet sie: „Okay, dachte ich, das mach ich. Wir hatten zwei Wochen Vorbereitungszeit.“

Was Pauliuks Reiseberichte wie alle Beiträge des Naturfoto-Herbstes auszeichnet, ist Unmittelbarkeit, mit der die ohnehin zumeist genialen und beeindruckenden Fotos präsentiert werden. Hier spricht kein anonymer Reiseveranstalter sondern jemand, der wie Pauliuk selbst auf den Auslöser gedrückt hat, der Farben, Gerüche und Temperaturen lebendig beschreiben kann, der wie im Fall der Biologin vielleicht sogar ins Wasser gefallen ist und weiß, wie kalt sich zwei Grad in der Antarktis anfühlen.

„Die Vorträge sind gut besucht, die Reihe hat sich etabliert“, freut sich Organisator Steffen Bohl. Ursprünglich war sie als Alternative zur immer ausverkauften Potsdamer Langen Nacht der Naturfotografie ins Leben gerufen worden und hat sich seitdem verselbständigt. Man versuche, eine Mischung von Tier- und Naturfotografie, Abenteuer und regionalem Bezug zu finden, erklärt Bohl das Konzept. In diesem Jahr wird am 1. November Klemens Karkow vom Nabu Deutschland „die Havel als Lebensraum vor der Haustür“ vorstellen. Weiterhin geht es unter anderem um Island und Äthiopien, abschließend berichtet Steffen Bohl über seine Reise von St. Petersburg bis Kamtschatka: am 29. November „Im Reich des Russischen Bären“.

Am vergangenen Donnerstag ging es vorerst virtuell in noch entferntere Gegenden. Franziska Pauliuk gehörte zur Vierer-Mannschaft, die sich von Januar bis März 2011 auf den eher ungewöhnlichen Segeltörn durch die Antarktis machte. In dem selbstgebauten Boot wurden zuerst die 1000 Kilometer von Feuerland bis zum nördlichen Teil der Antarktis überbrückt, es folgte eine Art Inselhopping zwischen vorgelagerten Vulkaninseln und Festlandhafen, Forschungs- oder Touristenstationen. Die Begegnungen mit den für die abgelegene Gegend überraschend vielen Mitseglern, die Besuche der Forscher und Soldaten, der Alltag auf dem Boot und natürlich die Spaziergänge an Land hat Pauliuk dabei mit einer einfachen Kompaktkamera dokumentiert. Entstanden sind vor allem zahlreiche Tierfotos, die so wohl nur in dieser Gegend möglich sind: „Man kommt erstaunlich nah an die Tiere ran, sie haben überhaupt keine Scheu“, sagt Pauliuk. Jede erdenkliche Pinguin-Art hat sie so fotografiert, in vielen Posen, Altersphasen und Mauserzuständen, diverse Seevögel und Robben, selbst den für sein vermeintlich räuberisches Verhalten berüchtigten Seeleoparden, der einmal ihr kleines Ruderboot umkreiste, so dass sie nervös wurde und so schnell zum Segelboot ruderte wie noch nie. Doch auch die Flora begeisterte die Biologin, Moose und Flechten, die die Felsen großflächig leuchtend gelb färben, geschichtetes Vulkangestein und Eisberge, die wie harmloses Popcorn im Wasser schaukeln.

Der Arzt der Ukrainischen Forschungsstation habe jede Woche 70 Liter Wodka aus Gletscherwasser, Zucker und Hefe gebraut, weil er nichts zu tun hatte, erzählte sie, und zeigte ein Bild zum Beweis, auf dem sie in der sogenannten Kneipe mit den Ukrainern feiern. Der Kapitän schaut darauf etwas mitgenommen aus – ihm habe der Arzt gerade einen Zahn gezogen. Franziska Pauliuk hatte lediglich für ein paar Tage die Seekrankheit erwischt. Steffi Pyanoe

Alle Termine des Naturfoto-Herbst unter www.hausdernatur-potsdam.de

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