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Landeshauptstadt: Wohlfühlzone Potsdam

Beim Neujahrsempfang der Landeshauptstadt holt sich der BER-geplagte Landesvater Platzeck Seelenbalsam und Oberbürgermeister Jann Jakobs beschwört mehr Bürgersinn

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Familie und Heimat geben in schwierigen Zeiten Rückhalt. Kein Wunder, dass Matthias Platzeck nach den Chaos-Tagen um den BER einen Moment in heimatlicher Deckung Luft holte – beim Neujahrsempfang der Stadt Potsdam. Zu Hause, in der familienfreundlichsten Stadt Deutschlands, fand Platzeck für zwei Stunden Zuflucht, um im Schoß der Familie zu seufzen: Die vermeintlich unheilvolle Zahl 13 habe zu Beginn des Jahres 2013 ja schon ganz schön gewirkt. Der schmunzelnde Widerhall der rund 700 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport im Nikolaisaal muss wie eine Streicheleinheit gewirkt haben.

Tatsächlich scheint es so, als wäre Potsdam so etwas wie ein Tower in der dunklen BER-Front, der zu Erfolg und Ansehen lotst. „Es gehört zum Label der Stadt, zu den erfolgreichsten in Deutschland zu gehören“, salbte Platzeck Lob auf Potsdam und gleichsam auf seine Seele.

Keinen Geringeren als Friedrich den Großen bemühte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) beim Rückblick auf 2012: „Da kannste nich meckern!“ Äußerst positiv nannte Jakobs das vergangene Jahr, das ganz im Fokus des 300. Geburtstages Friedrich II. stand, was der Stadt mehr als eine Million Übernachtungsgäste bescherte. Egal, ob es dramaturgische Absicht oder Zufall war dem Friedrich-Jahr nunmehr das Motto „Wissenschaft für Zukunft“ folgen zu lassen: So wie auf Friedrichs Fundament die Wissenschaft in Potsdam fußt, so passend schließt sich das diesjährige Themenjahr den Friedrich-Festspielen an.

Es waren die Gründertugenden Mut, Weitsicht und Geduld, mit denen Rektoren und Leiter Potsdamer Wissenschaftseinrichtungen nach der Wende die Basis für den heutigen Wissenschaftsstandort Potsdam legten und wofür sie sich gestern – hinterm Sparkassenwimpel – ins Goldene Buch der Stadt eintragen durften. „Heute verdienen immerhin 9 000 Potsdamer in den wissenschaftlichen Einrichtungen der Landeshauptstadt ihr Lohn und Brot“, sagte Jakobs.

Weitere Potenziale für die Wissenschaft zu entwickeln, werde indes nur eine Aufgabe von vielen sein. „Potsdam wächst - und zwar in alle Richtungen“, sagte Jakobs. Bei steigender Einwohnerzahl brauche die Stadt neue Arbeitsplätze, Kitas und Schulen. Für 2015 kündigte der Rathauschef ein neues Schulinvestionsprogramm an. Vor allem aber brauche Potsdam Wohnungen. Jakobs nannte es die Pflicht, allen Potsdamern ein bezahlbares Dach über dem Kopf zu geben. Die Stadt verfüge über ein Flächenpotenzial, um 16 000 Wohnungen zu bauen.

Um auch die Kür für Sport, Kultur, Freizeit zu meistern, beschwörte Jakobs eine rege Bürgerbeteiligung. Der Diskurs gelinge nur, wenn nicht reflexartig hinter gegenteiligen Meinungen und Ideen eine Verschwörung aus „wahlweise inkompetenten, raffgierigen, antidemokratischen“ Akteuren vermutet werde. Es müsse gelingen, für die Idee eines Sportplatzes im Weltkulturerbe oder einer neuen Kunsthalle frühzeitig Stimmen aufzufangen und einen breiten Konsens zu finden.

Fast wehmütig bemerkte Platzeck, dass es sich Potsdam immer noch leisten könne, intensiv und heiß zu streiten über alles, was wichtig und auch weniger wichtig sei. Eine Bitte habe er – als „alter Potsdamer“ – dabei jedoch: „Finden Sie eine Lösung für die Weiße Flotte!“

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