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Landeshauptstadt: Wohlhabende Eltern sollen mehr zahlen

Stadtverwaltung will Beiträge für Kinderbetreuung stärker vom Geldbeutel der Eltern abhängig machen

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Besserverdienende sollen in Potsdam höhere Kita-Beiträge als bisher bezahlen, einkommensschwache Familien können sich dagegen Hoffnung auf kostenlose Betreuung machen. Das sehen vorläufige Planungen des Jugendamtes vor, das gerade eine neue Elternbeitragsordnung für die Betreuung von Kindern in Krippen, Kitas und Horten erarbeitet.

Bislang gilt: Ab einem gemeinsamen Jahreseinkommen von 77 000 Euro brutto zahlten Eltern in Potsdam sofort den Höchstsatz – für die Krippenbetreuung des ersten Kindes bei täglich sechs Stunden Anwesenheit sind das beispielsweise monatlich 277 Euro. Nun will die Stadt, dass Besserverdienende mehr zahlen. Künftig soll der höchste Beitragssatz nach PNN-Informationen auf 150 000 Euro angehoben werden. Wie viel Eltern ab dieser Grenze zahlen müssen – das Doppelte des bisherigen Höchstsatzes wären für besagtes Kind in der Krippe rund 550 Euro –, wird noch geprüft.

Zugleich sollen Geringverdiener entlastet werden: Nach den Planungen der Stadt soll die Betreuung bis zu einem Familieneinkommen von 17 500 Euro kostenlos werden. Das würde nach Angaben der Stadt mehr als 1300 Familien betreffen. Bisher liegt die Beitragsfreigrenze bei 12 500 Euro Jahreseinkommen. Die Beiträge für die unteren und mittleren Einkommen sollen etwa gleich bleiben.

Von der Neuregelung erhofft sich die Stadt schon im kommenden Jahr Mehreinnahmen von 250 000 Euro, ab 2016 dann 600 000 Euro pro Jahr. Die Beiträge der Eltern fließen direkt an die Kita-Träger, mit höheren Beiträgen für die Besserverdienenden würden die kommunalen Zuschüsse für die Kitas sinken, so das Kalkül. Wie berichtet will die Stadt in den kommenden Jahren Überschüsse erwirtschaften, um trotz sinkender Mittel aus dem Solidarpakt künftig noch in neue Schulen und den Nahverkehr investieren zu können. Bis zum nächsten Sommer will die Stadtverwaltung die Pläne den Stadtverordneten zur Abstimmung vorlegen, damit die neuen Beiträge zum 1. August 2015 erhoben werden können.

Die Neufassung der seit elf Jahren geltenden Beitragsordnung ist mit den Trägern zusammen vorbereitet worden, wie aus dem „Zukunftsprogramm 2019“ der Stadt hervorgeht. Demnach sind die Bruttoeinkommen von mehr als 13 500 Familien, das sind rund 95 Prozent der Beitragspflichtigen, anonymisiert erhoben worden. „Im Ergebnis ist festzuhalten, dass 16 Prozent aller Eltern ein Einkommen über der heutigen Höchstgrenze von über 77 000 Euro aufweisen“, heißt es darin. Diese stärker an den Kosten zu beteiligen, „würde dem Prinzip der solidarischen Lastenverteilung“ dienen, so die Verwaltung. Die meisten dieser Eltern – mehr als 1600 – verfügen über ein Bruttoeinkommen von 77 000 bis 79 000 Euro. Zwischen 100 000 und 150 000 Euro Jahreseinkommen verdienen nur 153 Paare.

Im Rathaus geht man davon aus, dass die neuen Beiträge auf Widerstand stoßen werden. Im Zukunftsprogramm wird davor gewarnt, dass die Erhöhung der Beiträge als „kontraproduktives Zeichen für die Weiterentwicklung der Landeshauptstadt als familienfreundliche Stadt gewertet werden“ könnte. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Notwendigkeit der Erhebung generell infrage gestellt werde – angesichts der Beispiele von Bundesländern wie Berlin, in denen ein Kita-Jahr kostenlos angeboten wird. Auf die Gefahr, dass besserverdienende Eltern bei zu hohen Beitragssätzen womöglich zu einer privaten Kita wechseln, geht die Stadt in ihrem Sparplan nicht ein. Die Potsdamer Beiträge gelten laut einer vor vier Jahren von der Zeitschrift „Eltern“ und der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft in Auftrag gegebenen Studie bereits als hoch, speziell für mittlere und höhere Einkommen. Neuere Untersuchungen sind nicht bekannt.

Zustimmung für höhere Beiträge kommt von Kita-Trägern, etwa von Thomas Liebe, Mitglied im Jugendhilfeausschuss und Chef des Vereins Treffpunkt Fahrland, der dort eine Kita betreibt. Liebe sagte auf Anfrage, er sehe keine andere Möglichkeit zur Verbesserung der Einnahmesituation, als die „weitergehende Differenzierung in den höchsten Einkommensgruppen“. Zwar könne er sich vorstellen, dass Betroffene „dies nicht gut finden“. Indes solle die geplante Neuregelung dazu dienen, die Lasten besser auf das Gemeinwesen zu verteilen.

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