
© A. Klaer
2015: Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs zieht Bilanz: Wohnungsnot als größte Herausforderung in Potsdam
Zu wenig bezahlbarer Wohnraum, Flüchtlinge, Streit um die Garnisonkirche und um das FH-Gebäude: Im Jahresabschluss-Interview zieht Oberbürgermeister Jann Jakobs eine Bilanz zu den Themen, die Potsdam 2015 bewegt haben. Und gibt einen Ausblick auf das kommende Jahr.
Stand:
Potsdam - In Potsdam soll die kommunale Wohnungsgesellschaft Pro Potsdam künftig zehn Jahre lang jährlich 200 zusätzliche Sozialwohnungen bauen. Darüber führe er Gespräche, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im PNN-Interview. Die Wohnungsnot sei die größte Herausforderung in der Landeshauptstadt, auch wegen des Zuzugs der aus Kriegsgebieten geflüchteten Menschen. 400 seien dieses Jahr in Wohnungen untergebracht worden: „Wir brauchen mehr Sozialwohnungen, nicht nur für die Flüchtlinge.“
Potsdam braucht ein Integrationskonzept
Jakobs betonte, dass es leistbar sei, in Potsdam 2016 noch einmal so viele Flüchtlinge aufzunehmen wie in diesem Jahr – also rund 1400 Menschen. Er kündigte eine Integrationskonferenz an, die im ersten Quartal stattfinden werde. Gebraucht werde ein Integrationskonzept, die Stadtgesellschaft müsse es „arbeitsteilig“ umsetzen. Jakobs lobte das Engagement der Verwaltung und der mehr als 1000 Potsdamer, die ehrenamtlich für Flüchtlinge arbeiteten. Der Zustrom verändere die Stadt „spürbar, aber nicht dramatisch“. Die Ausländerquote sei mit rund sechs Prozent im Vergleich zu westdeutschen Städten gleicher Größe, wo sie bei 20 oder 25 Prozent liege, immer noch verschwindend gering. „In Brandenburg kann nirgends von Überfremdung gesprochen werden.“
Jakobs kündigte außerdem Konsequenzen aus dem erschütternden Mord an dem sechsjährigen Elias an. Der Potsdamer Junge war im Wohngebiet am Schlaatz entführt, später missbraucht und ermordet worden. Fachleute der Verwaltung sollen prüfen, ob in Potsdam das weltweit angewandte Modell der Elternschule etabliert werden könne, sagte Jakobs. In den Schulen sollen Eltern demnach lernen, wie sie ihren Kindern Selbstbewusstsein und Autonomie vermitteln können, um Verlockungen widerstehen zu können. Zudem will Jakobs zusammen mit der Polizei ein Konzept aufstellen, wie mit dem Einsatz vieler Freiwilliger, die sich über soziale Netzwerke organisieren, umgegangen wird. Bei der Suche nach Elias habe staatliche Autorität gefehlt. Das führe zu Irritationen und könne auch gefährlich werden, so Jakobs.
Kein Kompromiss: Staudenhof und FH-Gebäude sollen abgerissen werden
Im Dauerkonflikt um den Wiederaufbau der Garnisonkirche sieht Jakobs die Stadt als Konfliktentschärfer. Es könne dem Rathaus nicht egal sein, wie es auf dem Areal an der Breiten Straße weitergehe. Daher sei der Bürgerdialog wichtig. Ein Ergebnis könne aber auch sein, dass es noch nicht die Zeit für den Wiederaufbau von Turm und Kirchenschiff sei, räumte der Oberbürgermeister ein.
Im Streit um den Abriss des DDR-Komplexes Staudenhof in Potsdams Mitte und des alten Fachhochschulgebäudes zeigte sich Jakobs kompromisslos. Das FH-Gebäude müsse abgerissen werden, ebenso der Staudenhof – unter der Garantie, dass dort neue Sozialwohnungen errichtet werden.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: