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Erste Internationale Jiddischlehrer-Konferenz in Potsdam / Kompetenznetz ohne Finanzierung
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Erste Internationale Jiddischlehrer-Konferenz in Potsdam / Kompetenznetz ohne Finanzierung Von Janina Wurbs „Und G“tt sah, dass es gut war.“ Am dritten Tag, nach jüdischer Überlieferung also am Dienstag – denn der siebente Tag, der Ruhetag, ist Shabbes – , nur am Dienstag sagte Gott zwei mal, dass es gut war (Gen.1,10ff.). Daher gilt dieser Tag der jüdischen Tradition als Glück bringender Tag. Am Dienstag, den 9. November wurde auch die deutschlandweit erste Jiddischlehrer-Konferenz in Potsdam eröffnet. Das Gedenken an die Geschehnisse des 9. November 1938 war bei der Wahl dieses Datums mitbedacht worden. Initiiert durch die Jiddischlektorin der Universität Potsdam, Cornelia Martyn, und gefördert vom Bundesbildungsministerium, wird die Konferenz vom „Kompetenznetz Jüdische und Rabbinische Studien an der Universität Potsdam“ veranstaltet. Die Finanzierung des Kompetenznetzes wird allerdings, wie zu erfahren war, noch in diesem Monat auslaufen. Jiddisch, die hebräisch-deutsche Sprache mit Wurzeln im Mittelalter, kann in Potsdam als Teil des Studienganges Jüdische Studien/Jewish Studies studiert werden. Cornelia Martyn engagiert sich seit dem Wintersemester 1999/2000 für die optimale Gestaltung des Jiddisch-Unterrichts. Sie bietet vielfältige Seminare mit Themen wie „Sowjetisch-jiddische Literatur“ an oder „Jiddische zeitgenössische Schriftsteller“ an. Ihr liegt es sehr am Herzen, die einzelnen Erfahrungen der aus Deutschland, Dänemark, Belgien, den baltischen Ländern, Ungarn, Polen, der Schweiz, Russland, Israel und den USA angereisten Jiddischlehrer mit dem Ziel der Entwicklung eines Rahmen-Curriculums zu bündeln. Jiddisch existiert meist als Anbindung an einen bestimmen Bereich, sei es Germanistik, Jüdische Studien oder Geschichte. Jiddischlehrer finden sich häufig nur vereinzelt, und sehen sich bezüglich einer Gesamtschau der für das Verständnis des Jiddischen wichtigen historischen, politischen und kulturellen Faktoren großen Schwierigkeiten gegenüber. Teilweise können diese Faktoren aufgrund von zeitlichen und anderen Beschränkungen, wie etwa in Aarhus, Dänemark, zugunsten der sprachwissenschaftlichen Seite auch nicht mitbedacht werden. Wie Miriam Hoffman (New York) in dem Eröffnungsvortrag der Konferenz betonte, ist Jiddisch jedoch mehr als einfach nur eine Sprache. Es ist eine reiche Kultur. Das innerliche Mitführen und Vermitteln der „jiddischen Kulturbaggage“ ist eine essenzielle Voraussetzung für Jiddischlehrer. Als solcher dürfe sich keiner auf sein fragmentarisches Wissen verlassen, was Jiddisch betrifft. Jiddischlehrer sollten Leser sein, sie müssen in die Sprache und Kultur verliebt sein, um Studenten zu begeistern und zu inspirieren. „Jiddischland“ hat schließlich kein Territorium, kein Militär, und kann sich nur auf die nationale Erinnerung verlassen, so Miriam Hoffman. Angesichts der nicht einfachen Lage des Jiddischen tragen die Jiddischlehrer eine hohe Verantwortung – die der Erziehung von Nachfolgern, der Fortführung der goldenen Kette der Tradition. Wie dieser Tradition am besten Rechnung getragen werden kann, darüber werden sich die Jiddischlehrer aus der ganzen Welt noch bis heute Mittag die Köpfe heiß reden und versuchen, den unzähligen Problemen, mit denen sie konfrontiert sind, mit fruchtbaren Lösungsansätzen zu begegnen. Es bleibt zu hoffen, dass die Ergebnisse dieser Konferenz sich im praktischen Unterricht möglichst schnell umgesetzt werden können. Nicht zuletzt sind die Studierenden eine große Hoffnung. In Potsdam arbeiten einige von ihnen sogar an Magisterarbeiten zu jiddischem Theater, jiddischem Film oder jiddischer Musik.
Janina Wurbs
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