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Begehrter Wohnraum. Bei einer Leerstandsquote von nur 0,5 Prozent ist es schwer, eine Bleibe in Potsdam zu finden. Ob der Wohnraum saniert oder unsaniert ist, spielt da kaum eine Rolle. Die Mieten sind für viele Potsdamer kaum bezahlbar.

© Rebecca F. Miller

Landeshauptstadt: Zahl der Zwangsräumungen steigt

Trotz sinkender Arbeitslosigkeit verlieren mehr Potsdamer ihre Wohnung. Das kostet die Stadt Geld

Stand:

Der Druck auf Potsdams Mieter steigt: In der Landeshauptstadt ist die Zahl der Zwangsräumungen in den letzten Jahren gewachsen. Und das, obwohl die Stadt immer mehr Geld ausgibt, um diese Räumungen zu verhindern. Für 363 000 Euro übernahm die Stadtkasse im vergangenen Jahr Mietschulden, um klammen Mietern die Wohnung zu erhalten. Im Jahr 2010 waren es noch 328 000 Euro.

Wurden der Stadt im Jahr 2010 noch 153 Zwangsräumungen angekündigt, waren es im vergangenen Jahr bereits 197. Allein in der ersten Hälfte dieses Jahres waren es schon 104. Das teilte die Stadtverwaltung auf eine PNN-Anfrage mit. Wie viele Wohnungen tatsächlich geräumt wurden, kann die Stadt jedoch nicht sagen. Denn trotz Räumungsklagen können sich Mieter und Vermieter noch gütlich einigen.

Bekannt ist dagegen, wie viele Zwangsräumungen durch die Vermittlung der Arbeitsgruppe Wohnungssicherung der Stadtverwaltung noch abgewendet wurden: 2011 konnten so 33 Zwangsräumungen verhindert werden. 2010 gab es 20 Fälle. Von Januar bis Juni 2012 konnten 12 Räumungen verhindert werden.

Oft übernimmt die Stadt auch Mietschulden, bevor überhaupt eine Zwangsräumung ansteht. Sie gewährt den Mietern dann ein Darlehen in Höhe der Mietrückstände. Dafür gibt das Rathaus immer mehr Geld aus: Allein in diesem Jahr schlug der Posten bereits mit 102 000 Euro zu Buche. Nach Antrag des Mieters werde geprüft, ob die Hilfe dazu führt, dass die Wohnung dauerhaft gesichert werden kann, sofern der Betroffene keine eigenen Möglichkeiten hat. Auch der Vermieter muss damit einverstanden sein.

Mietschulden seien neben den Energieschulden der Hauptgrund für die Kündigung bestehender Mietverhältnisse und damit drohender Obdachlosigkeit, sagte Stadtsprecher Markus Klier. Auch der Streit über Mietminderung bei Mängeln an der Wohnung führe oft zu Kündigungen, so Britta Küpper vom Potsdamer Mieterverein. Die Mieter seien dabei in der schlechteren Position, da Vermieter kündigen können, wenn der Zahlungsrückstand zu hoch sei. Ob es insgesamt mehr Mieter gebe, die ihre Wohnungen verlieren, sei für den Verein nicht messbar. Man habe jedoch beobachtet, dass Wohnungseigentümer trotz laufender Verfahren Räumungsklagen vollstrecken. Ist die Wohnung erst einmal leer, kann sie renoviert und neu vermietet werden, so Küpper. Gewinnt der renitente Mieter in der zweiten Instanz doch noch, hat er seine Wohnung bereits verloren.

Über das kommunale Wohnungsunternehmen Pro Potsdam ist die Stadt mittelbar auch als Vermieter von Mietschulden betroffen. Zur Jahresmitte hatten sich hier 516 000 Euro Mietrückstände für 1028 Wohnungen angesammelt. Damit gibt es bei jeder siebzehnten Wohnung der Pro Potsdam Mietrückstände. Auch die Zahl der ankündigten Räumungen bei dem kommunalen Wohnungsunternehmen stieg an. In den letzten Jahren waren es immer zwischen 70 und 75 Fälle. Im Jahr 2011 wuchs die Zahl auf 90, wie aus dem Jahresbericht der Pro Potsdam hervorgeht. Allerdings waren die Mietrückstände auch schon einmal höher: Vor fünf Jahren lagen sie bei 763 000 Euro.

Damit liegt die Pro Potsdam im Trend: Nach Angaben des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), dessen Mitglieder 40 Prozent des Potsdamer Wohnungsmarktes bewirtschaften, sanken die Mietrückstände seit 2005 um 60 Prozent. Ende 2011 saßen die Vermieter dennoch auf insgesamt 1,8 Millionen Euro ausstehender Mieten. Die Unternehmen setzen darauf, Mietschulden erst gar nicht auflaufen zu lassen, so Maren Kern vom BBU-Vorstand. Vorab werde die Zahlungsfähigkeit der Mieter geprüft und entsprechende Nachweise über Einkommen und Mietschuldenfreiheit verlangt.

Trotz aller Prüfungen und Verhandlungen lässt sich der Wohnungsverlust oft nicht verhindern. Betroffene können vorübergehend in einer Einrichtung für Obdachlose unterkommen, so Stadtsprecher Klier. Doch auch dort wird es eng: Zum 30. Juni lebten in den Potsdamer Obdachloseneinrichtungen 178 Menschen. Vor einem Jahr waren es 28 weniger.

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