Von Henri Kramer: Zahl junger Gewalttäter steigt Aufklärungsquote leicht erhöht. Anti-Gewalt-Konferenz geht heute zu Ende
In Potsdam steigt die Zahl junger Gewalttäter, obwohl es insgesamt weniger Gewaltakte gibt. Das geht aus einer aktuellen Statistik der Potsdamer Polizei hervor, die den PNN vorliegt.
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In Potsdam steigt die Zahl junger Gewalttäter, obwohl es insgesamt weniger Gewaltakte gibt. Das geht aus einer aktuellen Statistik der Potsdamer Polizei hervor, die den PNN vorliegt. Danach hat es in der Landeshauptstadt bis zum 31. August diesen Jahres 272 Gewaltdelikte wie Körperverletzung oder Raub gegeben: Das sind 31 weniger als noch im selben Zeitraum des vergangenen Jahres, so die Polizei. Auch die Aufklärungsquote erhöhte sich leicht von 68 auf 75 Prozent.
Zugleich ist jedoch die Zahl der Tatverdächtigen gestiegen, die unter 21 Jahren alt sind – um 13 auf nun 92. Damit gilt in jedem dritten Fall der Tatverdächtige als heranwachsend oder ist minderjährig und kann so nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. 2008 war bei Gewaltdelikten in Potsdam noch in jedem vierten Fall der Verdächtige unter 21 Jahren alt.
Das Thema Jugendgewalt wird diese Woche in der Landeshauptstadt viel diskutiert – am heutigen Freitag ist der letzte Tag einer im Kongresshotel Templin stattfindenden Konferenz zum Thema „Jugend und Gewalt“. Dabei haben seit Dienstag rund 100 Sozialarbeiter, Experten und Vertreter von sechs Potsdamer Partnerstädten über das Phänomen Jugendgewalt gesprochen und ihre Erfahrungen geschildert – etwa darüber, wie ein Polizist in Sioux Falls im Bundesstaat South Dakota gleichzeitig auch Aufgaben als Sozialbetreuer und Lehrer übernimmt und neun Schulen gleichzeitig betreut. Für Potsdam verwies Polizeichef Ralf Marschall beispielsweise auf das Anti-Bullying-Projekt, bei dem seine Behörde mit Schulen zusammenarbeiten will: Damit sollen systematische Schikanen unter Schülern bekämpft werden. Über solche Modelle sollten sich die Städte austauschen, in vier verschiedener Sprache musste simultan übersetzt werden. Die Beispiele werden bis Ende des Jahres in einer Broschüre dokumentiert. Für heute wird eine Abschlusserklärung erwartet.
Es ist das bisher größte Treffen, dass die Landeshauptstadt mit ihren Partnerkommunen organisiert hat, nur das finnische Jyväskylä fehlt. Gestern wurden die Teilnehmer dabei in Potsdam herumgefahren – und erlebten im Jugendklub 91 in Potsdam-West einen klassischen Disput darüber, wer für Gewalt verantwortlich ist. Der Streetworker Gregor Voehse stellte dort sein umstrittenes Projekt „Fußballfans beobachten Polizei“ vor, mit dem er seit vier Jahren zeigen will, dass Gewalt am Rande des Spielfelds nicht nur von Fans ausgeht. Es gäbe vielmehr ein „strukturelles Problem“ mit Gewalt von Seiten der Polizei und fehlender Kontrolle bei Übergriffen auf Fans, meinte Voehse.
Sein Widerpart Polizeichef Marschall entgegnete, dass auch für Polizisten rechtsstaatliche Regeln gelten und Verstöße geahndet würden. Zudem seien trotz der Beobachtungs-Aktion bei Fußballspielen in Potsdam keine Fälle gemeldet, bei denen Polizisten sich strafbar gemacht hätten. Allerdings habe die Aktion auch gute Seiten, so Marschall – sie schaffe mehr Rechtssicherheit und habe eine Diskussion über andere Taktiken bei Polizeieinsätzen ausgelöst. Und er erinnerte daran, dass Polizisten trotz Uniform „auch Menschen“ sind. Der Applaus für Marschall war deutlich lauter.
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