Sport: Zauberformel „Sub 9“
Den Rekord im Blick: Sechs Triathleten aus Potsdam und Brandenburg auf der Langdistanz
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Die Jagd beginnt am Morgen. Eine Jagd, die Stunden dauert und von Taktik, Härte, Schmerz und Willenskraft geprägt sein wird. Wenn am Sonntag um 6.20 Uhr in Roth bei Nürnberg der Startschuss zum Quelle Challenge, dem zweitgrößten Triathlonspektakel über die Ironman-Distanz in Deutschland fällt, wird für fünf Triathleten, die zusammen in Potsdam trainiert haben, die Zeit zum Jäger.
Über 2000 Einzelstarter und 550 Staffeln wollen am Sonntag zuerst die 3,8 Kilometer lange Schwimmstrecke im Main-Donau-Kanal, dann auf dem Rad einen Zwei-Runden-Kurs über 180 Kilometer und abschließend die Marathondistanz von 42,2 Kilometer überwinden. Topathleten wie Chris McCormack und Torbjørn Sindballe, Belinda Granger und Yvonne van Verken werden um die ersten Plätze kämpfen. Nicht weit dahinter werden die fünf Brandenburger Triathleten die Entscheidung suchen.
„Sub 9“ lautet die Zauberformel, die sich im Rennverlauf über die insgesamt knapp 226 Kilometer auch als Fluch erweisen kann. Insgesamt 51 Athleten haben bei der Anmeldung für den Wettkampf, bei dem gleichzeitig die Deutschen Meister über die Langdistanz ermittelt werden, angegeben, in einer Zeit unter neun Stunden ins Ziel zu kommen. Tobias Krisa, Mathias Dietze, Jörn Branzke, Jens Lehmann und Toralf Berg gehören dazu. Weltklasseathleten wie Chris McCormack, der im vergangenen Jahr den legendären Ironman auf Hawaii und erst am Sonntag den Ironman in Frankfurt/Main gewann, erreichen das Ziel in einer Zeit von knapp unter acht Stunden. Für Nichtprofis wie die fünf Brandenburger sind neun Stunden wie eine Schallmauer, die es zu durchbrechen gilt.
Dem gebürtigen Potsdamer Jens Lehmann, der in Hildesheim als Gymnasiallehrer arbeitet, ist es im vergangenen Jahr zum ersten Mal in Roth gelungen, diese Schallmauer zu durchbrechen. Nach 8 Stunden, 55 Minuten und 27 Sekunden kam der 31-Jährige als 26. der Gesamtwertung ins Ziel. Es war sein 13. Ironman in zehn Jahren, davon vier Starts allein auf Hawaii. Auch in diesem Jahr will er wieder unter neun Stunden bleiben. „Aber es wird schwierig, denn es muss einfach alles stimmen“, sagt Jens Lehmann. Er will seine Leistung vom vergangenen Jahr bestätigen, aber trotzdem mit einer gewissen Gelassenheit ins Rennen gehen. „Ich brauche mir nichts mehr zu beweisen“, so Lehmann.
Da denken die Potsdamer Mathias Dietze und Jörn Branzke anders. Der 27-jährige Dietze und der 30-jährige Branzke starten für das Potsdamer Zeppelin-Team und wollen nicht nur unter neun Stunden bleiben, sondern auch den Brandenburger Rekord, der seit elf Jahren bei 8 Stunden und 47 Minuten liegt, unterbieten.
Toralf Berg übt sich bei solchen Ankündigungen mit Zurückhaltung. „Mein Ziel ist es natürlich, unter neun Stunden zu bleiben und ich hoffe, dass diese Zeit nicht zu knapp ausfällt“, sagt der 35-Jährige. Je näher er bei dem Rennen dem Rekord kommt, umso besser. „Doch das ist alles nur Bonus.“ Der Cottbuser Toralf Berg hat 1995 seine erste Langdistanz absolviert und ist danach mehrmals Europa- und Weltmeister im Quadrathlon, wo zu den drei Triathlondisziplinen noch Kanu hinzukommt, geworden. Seine jahrelange Erfahrungen und die Konstanz seiner Leistungen – im Land Brandenburg zählt er zu den besten Triathleten – könnten für den Bauingenieur zum unschätzbaren Vorteil bei der Jagd gegen die Zeit werden.
Diese Erfahrung hat Tobias Krisa noch nicht. Der 22-Jährige Potsdamer ist der Dritte im Zeppelin-Team. Sein Start in Roth ist sein Debüt über die Ironman-Distanz. „In den vergangenen Monaten habe ich dem Training alles untergeordnet“, so Krisa, der im Oktober ein Studium der Film- und Fernsehproduktion an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg beginnen wird. Eine Medaille in seiner Altersklasse und die 9-Stunde-Marke sind seine Ziele. „Es wird hart“, sagt Krisa. Aber er hat professionell trainiert, betreut vom Zeppelin-Trainer Ron Schmidt. Die Erfolge bei zurückliegenden Wettkämpfen haben gezeigt, dass er es schaffen kann. „Aber ich muss einen kühlen Kopf behalten. Wenn ich auf dem Rad zu schnell und zu hart fahre, kann sich das auf dem abschließenden Marathon rächen.“
Der Potsdamer Marco Altmann wird am Sonntag auch für das Zeppelin-Team auf die Ironman-Distanz gehen. Doch nicht in Roth, sondern beim Ironman Switzerland in Zürich wird der 27-jährige Student am Start sein. Es ist seine vierte Langdistanz in drei Jahren. Dieses Mal will er sie endlich holen, die Qualifikation für den legendären Ironman auf Hawaii. „Ich habe in diesem Jahr vor allem an meiner Schwäche beim Laufen gearbeitet“, sagt Altmann. Um in Zürich einen der fünf Startplätze für Hawaii zu erkämpfen, brauche er eine Zielzeit um die 9 Stunden und 20 Minuten. „Mein persönliches Ziel aber liegt bei 9 Stunden und 15 Minuten.“
Mit Schmerzen und Kämpfen gegen den inneren Schweinehund rechnen sie alle. Doch am Ende wollen sie Sieger bleiben, bei der Jagd nach der besten Zeit.
Dirk Becker
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