Von Peer Straube: Zaunstreit unter Genossen
SPD-Europaabgeordnete Roth-Behrendt friedete am Groß Glienicker See Teile ihres Grundstücks ein – zum Ärger des Rathauses
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Gross Glienicke - Am Groß Glienicker See ist ein Streit unter SPD-Genossen buchstäblich vom Zaun gebrochen: Es geht um eine Einfriedung, die die sozialdemokratische Europaabgeordnete Dagmar Roth-Behrendt auf ihrem Grundstück in der Seepromenade vor wenigen Wochen errichten ließ. Die stählerne Einfriedung soll als „temporärer“ Schutz für eine Hecke dienen, bis das Strauchwerk groß genug ist, um „ein Stück ungestörte Privatnutzung“ ihres Grundstücks zu ermöglichen, sagte Roth-Behrendt den PNN. Das Problem: Laut rechtskräftigem Bebauungsplan sind bauliche Anlagen wie Zäune – selbst auf Privatgrundstücken – verboten, aus landschaftsschutzrechtlichen Gründen.
Die Zaun-Aktion hat angesichts des über Jahre währenden Streits um Uferwege am Babelsberger Griebnitzsee und eben am Groß Glienicker See bei den SPD-Genossen im Rathaus blankes Entsetzen ausgelöst. Oberbürgermeister Jann Jakobs sprach gegenüber den PNN von einem „unglücklichen“ Verhalten Roth-Behrendts. „Ordnungsbehördliche Schritte“ würden geprüft, sagte er. „Der Zaun ist nicht zulässig.“ Sein Rechtsbeigeordneter und Parteigenosse Burkhard Exner gab sich weniger forsch. Als temporäre Barriere „könnte“ der Zaun „möglicherweise“ doch zulässig sein, sagte er. Keinen Zweifel ließ auch Exner allerdings daran, dass ihn die Art und Weise wurmt. „Ich hätte mir gewünscht, dass vorab mit uns geklärt wird, was geht und was nicht.“ Anfang November soll es nun ein Gespräch zwischen Roth-Behrendt und den zuständigen Behörden geben.
Die SPD-Europaabgeordnete, von 2004 bis 2007 Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, wohnt seit zwei Jahren in Groß Glienicke. Zum Zaunkonflikt, und ob sie vielleicht sogar wusste, dass das Errichten des Zauns möglicherweise illegal war, will sie mit Verweis auf die laufenden Gespräche mit der Stadt keine Angaben machen. Sie beteuert, der Zaun soll nur zeitweilig stehen, um „ein Stück“ Privatsphäre zu bekommen. Den Uferbereich nebst Uferweg selbst will sie „keinesfalls sperren“. Im Gegenteil. Sie wolle der Stadt eine Grundbuchdienstbarkeit einräumen. Unentgeltlich. Sie kämpfe seit Jahren selbst dafür, betont Roth-Behrendt, dass Seeufer öffentlich zugänglich sein sollen.
Auch in der Stadt ist man an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. Allerdings ist den Genossen klar, dass der Zaun ein Politikum ist. Auch andere Groß Glienicker Seeanrainer haben Einfriedungen gebaut, die teils sogar bis zum Uferweg heranreichen. Mehrere haben ihre Grundstücke sogar ganz gesperrt, inklusive Uferweg. Am Griebnitzsee sieht die Lage noch düsterer aus. Dort hatten Anrainer große Teile des Uferwegs im Frühjahr dicht gemacht. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte ihre Auffassung bestätigt, dass es sich um Privatgärten handelt, und der Stadt mangelnden Respekt vor dem Eigentum vorgehalten. Der B-Plan für einen Uferpark wurde kassiert. Dieser Hintergrund verleiht Roth-Behrendts Zaun eine besonders pikante Note. Denn die SPD steckt in einem Dilemma. Lässt man die Barriere stehen, macht sich das Rathaus der Günstlingswirtschaft verdächtig. Lässt man abreißen, könnte Roth-Behrendt klagen. Bekäme sie Recht, hätte die Genossin einen Präzedenzfall geschaffen. Für weitere Zäune.
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