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Turbines Nationalspielerin Ariane Hingst über sechs Potsdamerinnen beim Olympischen Fußballturnier und die Vorbereitung auf den Jahreshöhepunkt
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Turbines Nationalspielerin Ariane Hingst über sechs Potsdamerinnen beim Olympischen Fußballturnier und die Vorbereitung auf den Jahreshöhepunkt Sechs Fußballerinnen des Deutschen Meisters und Pokalsiegers 1. FFC Turbine Potsdam bereiten sich seit heute in Heusenstamm bei Frankfurt (Main) wieder mit der Frauenfußball-Nationalmannschaft auf das Olympiaturnier in Griechenland vor: Nadine Angerer, Ariane Hingst, Viola Odebrecht, Conny Pohlers, Navina Omilade und Petra Wimbersky. Die 24-jährige Ariane Hingst ist mit 91 Länderspielen die international erfahrenste Spielerin von ihnen. Wie kommentiert denn Turbines Mannschaftskapitän Ariane Hingst sechs Potsdamerinnen – so viele wie von keinem anderen Verein – im Olympia-Aufgebot? Das widerspiegelt den Erfolg unserer Vereinsmannschaft in den letzten Jahren und vor allem in der letzten Saison. So wurden kontinuierlich immer mehr Spielerinnen von uns zu Nationalspielerinnen. Was einerseits eine Super-Sache für Turbine ist. Andererseits gestaltet sich dadurch die Vorbereitung auf die nächste Bundesliga-Saison ein bisschen schwieriger. Letztendlich sind wir aber doch glücklich, dass so viele von uns dabei sind. Zumal auch in den Nachwuchsmannschaften U21 und U19 insgesamt sechs Potsdamerinnen vor ihren nächsten Bewährungsproben stehen. Richtig. Jährlich kommen viele junge Talente aus dem Umland nach Potsdam, weil sie hier eine gute Ausbildung erhalten. Und die zeigt sich durch Berufungen in die Nationalmannschaften aller Jugendbereiche. Was gut für die Spielerinnen ist, es unserem Trainer Bernd Schröder aber nicht gerade erleichtert, eine gute Saisonvorbereitung zu gestalten. Zurück zur Olympia-Auswahl: Als Nationaltrainerin Tina Theune-Meyer vergangene Woche in Bitburg ihr Aufgebot für Athen benannte – wie war denn dabei die Stimmung im da noch erweiterten Kader? Der vorangegangene Lehrgang war schwer, aber in Ordnung. Aber wenn es um so eine Nominierung geht, sind die letzten Tage immer ein bisschen sehr angespannt. Das war diesmal genau so. Es wurde nicht gesagt, die und die Spielerin sei dabei, sondern Tina hat diejenigen angesprochen, die nicht mit dabei sein werden. Natürlich sind reichlich Tränen geflossen, und die Spielerinnen, die es geschafft haben, jubeln dann nicht, sondern erst später mehr für sich. Wir von Turbine haben das erst nach unserer Rückkehr in Potsdam ein bisschen gefeiert. Gab es aus Ihrer Sicht überraschende Nominierungen? Ich hatte ehrlich gesagt damit gerechnet, dass unsere neue Mannschaftskameradin Britta Carlson mit dabei ist. Natürlich freue ich mich für Ommel (Navina Omilade/d. Autor), dass sie es geschafft hat, was super für sie ist. Aber ich hatte eher mit Britta gerechnet. Dass es Stürmerinnen treffen würde, war klar. Dass es Sandra Smisek traf, war für sie superbitter, denn es sind die dritten Olympischen Spiele, die sie verpasst. 1996 klappte es nicht, 2000 machte ihr ein Bandscheibenvorfall unmittelbar davor einen Strich durch die Rechnung, jetzt hat sie es erneut nicht geschafft. Das ist natürlich ganz hart für sie. In diesem Jahr hatte man mehr Chancen zum Dabeisein, wenn man Verteidigerin und durch viele Ausfälle praktisch schon fest nominiert war. So wie Sie. Sie erleben jetzt Ihre zweiten Olympischen Spiele nach Sydney. Was ist für Sie das Besondere an Olympia? Es ist einfach das Größte, so etwas selbst mit zu erleben. Sydney war für uns alle eine große Erfahrung, zumal es sportlich mit Bronze auch sehr gut lief. Die Atmosphäre, das Feeling bei Olympia – das ist etwas ganz Besonderes. Deshalb freue ich mich jetzt auch so auf Athen. Zumal ich durch Sydney schon ein bisschen weiß, wie so ein Turnier und das ganze Drumherum abläuft. 2000 unterlagen Sie mit Ihrem Team im Halbfinale dem späteren Olympiasieger Norwegen mit 0:1. Nun trifft Deutschland am Mittwoch in Hoffenheim erneut auf Norwegen Jetzt sind wir als Weltmeister in jedem Spiel der Favorit. Und es ist jetzt wichtig, dass sich die Mannschaft, die bei Olympia die Stammformation bilden soll, auch gut einspielt. Bisher spielte jede von uns persönlich um ihr Ticket, jetzt geht es darum, den Feinschliff zu bekommen. Dazu müssen wir die beiden nächsten Länderspiele nutzen. Wir müssen schon gegen Norwegen und drei Tage später gegen Nigeria überzeugen und zeigen, dass wir Medaillenkandidaten für Athen sind. Ich selbst habe lange nicht mehr gegen die Norwegerinnen gespielt und sie letztmals bei der WM gesehen. Daher weiß man nicht so genau, wie sie drauf sind. Aber unser Ziel kann nur ein Sieg sein. Gegen Nigeria – am Sonnabend in Offenbach nächster Testspiel-Gegner – wurde erst zweimal gespielt. Dafür sind die Afrikanerinnen, anders als Norwegen, bei Olympia dabei. Wie sind sie einzuschätzen? Nigeria ist ein recht unangenehmer, zweikampfstarker Gegner, der kompakt nach hinten steht und schnelle Spitzen nach vorn hat. Bei unserem letzten 3:0-Sieg vor einem Jahr in Trier, als Conny Pohlers ein überragendes Spiel machte und ein Tor schoss, war er nicht gerade in Top-Form. Mal sehen, ob Nigeria jetzt auf Konter spielen wird und wie wir uns gegen die behaupten. Diesem Trainingslager mit zwei Länderspielen wird noch ein vierter Lehrgang in Heusenstamm folgen, ehe es nach Griechenland geht. Mit Turbine werden Sie jetzt nicht mehr trainieren, oder? Das klappt nicht. Wir haben zwar zwischen den einzelnen Lehrgängen ein paar Tage frei, an denen wir uns zu Hause individuell fit halten. Da sind aber andere Schwerpunkte gefragt als bei der Saisonvorbereitung der Bundesligamannschaft, die mit Ausdauertraining beginnen wird. Natürlich werden wir aber mal vorbeigucken und Hallo sagen, um den Kontakt zu halten. Wir selbst machen in Potsdam Sprinttraining, um etwas für unsere Spritzigkeit zu tun. Sie werden auch schnell sein müssen, um im ersten Olympia-Spiel in Patras gegen China bestehen zu können. Ein Gegner, mit dem Deutschland nicht immer klar kam. Stimmt, gegen die tun wir Deutschen uns immer ein bisschen schwer. Wobei sich die Chinesinnen jetzt gar nicht als einen Favoriten des Olympiaturniers sehen. Ich bewerte das allerdings als ein Understatement und erwarte sie in Patras ganz stark. Was nichts daran ändert, dass wir sie mal wieder schlagen müssen. Es wäre die richtige Zeit dafür. Und dann gilt es knapp eine Woche später in Athen gegen Mexiko. Bei der WM 1999 in den USA haben wir die Mexikanerinnen mit 6:0 geschlagen. Inzwischen haben die sich aber ganz schön gemausert. Wer in der Olympia- Qualifikation Kanada aus dem Rennen wirft, muss schon eine gute Truppe sein. Warten wir ab. Das Interview führte Michael Meyer
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