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3. Tag der Wissenschaften in Potsdam: Zeltstadt der Forscher

Tomaten, die nach Stachelbeere schmecken und ein E-Bike aus Holz: Der 3. Potsdamer Tag der Wissenschaften lockte mehrere Tausend Besucher an

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Ständig werden wir durchbohrt. Unzählige Teilchen aus den Weiten des Universums sausen jeden Moment durch uns hindurch – und wir bemerken es noch nicht einmal: Ungefähr 100 Milliarden Neutrinos durchfliegen pro Sekunde eine Fläche von einem Quadratzentimeter. Das ist etwa die Größe eines Fingernagels. Unvorstellbar für uns Menschen, wie eine so riesige Anzahl von kleinsten Teilchen in einer Sekunde jeden unserer Fingernägel durchwandert.

Dieses Beispiel aus der wunderbaren Welt der Teilchenphysik gab Doktorand Arne Schoenwald vom Zeuthener Forschungszentrum Desy am vergangenen Samstag auf dem 3. Potsdamer Tag der Wissenschaften. Am Standort der Potsdamer Universität am Neuen Palais waren zahlreiche wissenschaftliche Institute aus der Landeshauptstadt und anderen brandenburgischen Kommunen vertreten. Auf einer Wiese an den Communs lud eine ganze Zeltstadt, vollgestopft mit Know-how, Erwachsene und Kinder zu einer Reise durch die Wissenschaftslandschaft der Region ein.

Dabei ging es vor allem aber anschaulich zu. Klar, die 100 Milliarden Neutrinos bekam man zwar nicht zu Gesicht – es wäre einem dabei womöglich vor lauter Elementarteilchen ohnehin nur schwarz vor Augen geworden. Stattdessen konnten die Besucher Tomaten verkosten, Eis herstellen oder einfach nur mit Legosteinen interessant strukturierte Türme bauen. Dass es auch Tomaten gibt, die selbst dann, wenn sie reif sind, immer noch grün aussehen, erfuhr man im Zelt des Großbeerener Leibniz-Instituts für Gemüse- und Zierpflanzenbau. „Am besten vielleicht von grün nach rot. Sonst versauen Sie sich den Geschmack.“ So lautete die Verkostungsempfehlung von Doktorand David Schröter, der gemeinsam mit mehreren Instituts-Kolleginnen den Tomatenstand betreute. Wer also mit Grün loslegte, fühlte sich beim Biss in die Tomate – es gab für die Besucher vorbereitete Tomatenstückchen – geschmacklich durchaus etwas an Stachelbeeren erinnert. Derart vom ungewohnten Geschmack irritiert, fühlte man als Besucher geradezu den Zwang, sich weiter durch die Tomatenfarbskala durchzukosten: von Gelb über mehrere Zwischenfarben bis hin zum klassischen Tomatenrot. Die Belohnung winkte am Schluss: Zuckersüß und zugleich mit wunderbar feinem Aroma präsentierten sich kleine olivenförmige Tomaten. Säure, Zucker und die in den Früchten eingelagerten Farbstoffe sind maßgeblich für den Geschmack der Tomaten verantwortlich, erklärte Schröter.

Über das „Brot im Brot“ konnten sich Besucher im Zelt des Potsdamer Leibniz-Instituts für Agrartechnik informieren. Die dortigen Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, wie man aus organischen Reststoffen der Backwarenindustrie, also beispielsweise aus Brotresten, Milchsäure herstellen kann. Daraus wiederum lassen sich Kunststoffkügelchen machen, die anschließend zu einer Folie verarbeitet werden können. Und wenn aus dieser Folie eine Tüte hergestellt wird, dann – nun ja – könnte man also theoretisch aus den auf diese Weise veredelten Resten der Brotherstellung ein frisches Brot einpacken. Also das Brot im Brot.

Das klingt ziemlich ökologisch – ebenso wie ein Projekt, das die Eberswalder Hochschule für nachhaltige Entwicklung auf dem Tag der Wissenschaften präsentierte: ein imposant aussehendes E-Bike mit einem Rahmen aus verleimtem Eschenholz. Noch in diesem Sommer soll das Elektrofahrrad in Serie gehen, erläuterte Moritz Sanne, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Eberswalder Hochschule. 22 Kilogramm schwer ist das gute Stück. Den Motor haben die Eberswalder Tüftler elegant in der Hinterradnabe versteckt. Auf 25 Kilometer pro Stunde schafft man es allein mithilfe des Motors, sagt Sanne. Wer schneller vorankommen will, muss zusätzlich treten. Bis auf etwa 50 Stundenkilometer habe er es selbst schon auf dem Holz-Bike gebracht, so Sanne. Aus der Portokasse kann man das Gefährt allerdings nicht bezahlen: 3999 Euro müssen laut Sanne dafür künftig berappt werden.

Zahlreiche Erwachsene, aber auch viele Kinder waren am Samstag auf dem Uni-Campus am Neuen Palais unterwegs, um in den Universitätsgebäuden oder in der aufgebauten „Zeltstadt“ Wissenschaft erleben zu können. Unter ihnen der Potsdamer Stefan Lauterbach, der mit seinen Töchtern zum Tag der Wissenschaften gekommen war. „Viel für Kinder, das finde ich auf jeden Fall sehr positiv“, zeigte sich Lauterbach angetan von der Veranstaltung. Seine Tochter Charlotte freute sich über das Eis aus flüssigem Stickstoff. „Das Eis hat lecker geschmeckt“, sagte die Neunjährige.

So ganz ohne Regen ging es auch in diesem Jahr auf der Veranstaltung nicht ab. Doch die Schauer hielten sich zumindest in Grenzen. „Ich glaube, wir müssen uns auch darum bemühen, den Deutschen Wetterdienst hier mit einzubeziehen“, blickte daher Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bei seiner Begrüßungsrede schon einmal schmunzelnd auf die nächste Ausgabe der Veranstaltung.

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