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Duftend. Backhousia citriodora.

© M.B.

Homepage: Zitroniger als eine Zitrone Die Lemonmyrte stammt aus Nordost-Australien

Im Botanischen Garten der Uni Potsdam gibt es zahlreiche exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.

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Im Botanischen Garten der Uni Potsdam gibt es zahlreiche exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.

Vor der Ankunft der weißen Siedler 1788 und auch noch viele Jahrzehnte danach lebten die australischen Ureinwohner als Jäger und Sammler. Obwohl sie in Notlagen selbst davon profitierten, wurde diese Ernährungsweise von den Weißen lange als „Bushfood“ verachtet. Seit einigen Jahren beginnt man endlich umzudenken – sehr spät, denn die mit vielen Zwangsmaßnahmen betriebene „Zivilisierung“ der Aborigines war insgesamt leider ziemlich erfolgreich. Viele ihrer Kenntnisse und Gebräuche sind schon verloren – zum Glück aber nicht alle.

Ein erfreuliches Beispiel ist die im tropisch-subtropischen Küstengebiet Nordost-Australiens vorkommende Lemonmyrte (Backhousia citriodora). Der wissenschaftliche Artname citriodora bedeutet „zitronenduftend“. Die Gattung ist nach dem englischen Quäkermissionar und Botaniker James Backhouse benannt. Er bereiste zusammen mit einem Freund in den 1830er Jahren Australien und Tasmanien, damals noch britische Sträflingskolonien, und machte zahlreiche Vorschläge, wie die Lage der Sträflinge, aber auch der Ureinwohner verbessert werden könnte. „Die kurzsichtige Politik, das Land ihren ursprünglichen Bewohnern zu entreißen, fast oder ganz ohne ihre natürlichen und unveräußerlichen Rechte zu berücksichtigen, können wir nur missbilligen“, schrieben sie an die Kolonialverwaltung.

Die Lemonmyrte wird von Aborigines traditionell als Gewürz und Heilmittel verwendet. 1888, genau 100 Jahre nach Ankunft der ersten Siedler in Australien, untersuchten Chemiker in Dresden die ätherischen Öle des kleinen Baumes und schätzten ihre Nutzung als aussichtsreich ein. Es dauerte dann weitere 100 Jahre, bis in Queensland schließlich in den 1990er Jahren große Plantagen für die Ölgewinnung angelegt wurden.

Die Blätter der Lemonmyrte haben den höchsten bekannten Gehalt aller Pflanzen an Citral, Hauptbestandteil des Zitronendufts. Bis zu drei Prozent des Frischgewichts der Blätter lassen sich an Citral mittels Destillation extrahieren. Dieses ätherische Öl wird als natürlicher Aromastoff, aber auch zur Synthese von Vitamin A benutzt. Für die Küche werden frische oder getrocknete Blätter ganz, gemahlen oder in Flocken verwendet. Kenner sagen ihnen das feinste, klarste und kräftigste Zitronenaroma nach, das es gibt –feiner und kräftiger als selbst Zitronen. Am besten sind die älteren Blätter der immergrünen, bei uns nicht winterharten Pflanze. Man würzt damit Süßgebäck oder Pasta, aromatisiert Gerichte mit Reis, Fisch, Meeresfrüchten oder Huhn und brüht Tees daraus. Zurzeit ist die „Königin der Zitronenkräuter“ auf einem Siegeszug durch die Küchen der Welt. 2010 waren alle in Großbritannien vorhandenen Bestände innerhalb kurzer Zeit ausverkauft, nachdem Fernsehkoch Jamie Oliver ihre Verwendung propagiert hatte. Ein weiteres Plus: Die Blätter enthalten kaum Säure, Milchprodukte gerinnen nicht wie bei Zitronensaft.

Als James Backhouse 1837 Australien verließ, hatte er bezüglich der Behandlung der Sträflinge tatsächlich Verbesserungen erreicht. Bezüglich der Aborigines war er leider nicht so erfolgreich. Umso erfreulicher ist, dass die Lemonmyrte als Bote der australischen Bushfood-Küche den Namen dieses Menschenfreundes trägt. Michael Burkart

Die Lemonmyrte blüht jetzt im Botanischen Garten an der Maulbeerallee. Am 29. Juli um 15 Uhr: Führung „Der Duft des Sommers – Zitrusduftpflanzen“.

Michael Burkart

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