
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Zivilcourage ist gefragt
Antirassismustag: Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ will Waldstadt nicht stigmatisieren
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Immer häufiger berichten Potsdamer über rechtsradikale oder rassistische Schmierereien, wenn sie welche sehen – und das ist aus Sicht von Ursula Löbel durchaus erfreulich. Denn die Anrufe zeigten eine Zunahme an Zivilcourage und bürgerschaftlichem Engagement gegen Rechts. „Und wenn wir von Schmiereien wissen, wird das innerhalb kürzester Zeit entfernt“, sagte die Chefin der Sicherheitskonferenz in der Stadtverwaltung, die Aktivitäten gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt koordiniert, am Mittwoch. Anlass war der Internationale Antirassismustag, zu dem sich das Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ im Stadthaus präsentierte.
Das Gremium organisiert jährlich das Fest für Toleranz, das dieses Jahr in Waldstadt stattfinden soll. In jüngster Vergangenheit war das Quartier wiederholt als Tatort rechtsradikaler Aktionen in den Blickpunkt gerückt. Im vergangenen November zogen Rechte mit Fackeln durch das Wohngebiet, woraufhin das Bündnis einen Waldspaziergang als Protestaktion organisierte. Die Ausländerbeauftragte Magdolna Grasnick warnt jedoch davor, den Stadtbezirk als problematisch oder gefährlich zu stigmatisieren. „Das ist ja kein Problem der Waldstadt, das ist ein Problem der ganzen Stadt.“ Die freien Kräfte der rechten Szene seien zunehmend organisierter, Strukturen würden aufgebaut. „Wir sind sehr aufmerksam“, sagte Löbel, auch in Hinblick auf Hitlers Geburtstag am 20. April, der von Rechten gern zum Anlass für Aktionen genommen wird. Die Lage in Potsdam sei aber nicht dramatisch, verdiene aber kontinuierliche Aufmerksamkeit, so Grasnick.
Rechte Gewalt beispielsweise sei nur eine Erscheinung der allgemeinen Ausländerfeindlichkeit, die es in Potsdam durchaus gebe. Dabei leben hier relativ wenig Ausländer. 4,43 Prozent der Potsdamer haben einen ausländischen Pass, insgesamt knapp neun Prozent der Bürger einen Migrationshintergrund. 2010 kamen 38 Asylbewerber dazu, im Jahr danach 68. Nicht viel, aber die Zahlen steigen. Die Flüchtlinge kommen meist aus den Krisengebieten Irak und Iran, Afghanistan, Westafrika. Dabei funktioniere die Integration in der Stadt relativ gut. Zwar wohnen die meisten der ausländischen Bürger in Drewitz, Waldstadt und Schlaatz. Doch mehr und mehr sei eine Vermischung zu beobachten, es bilden sich keine spezifischen Ausländerquartiere.
Besonders bunt gibt sich der Schlaatz mit 76 Nationen. Für Stadtteilmanagement und soziale Projekte zur Unterstützung der Integration gab es Gelder aus dem „Programm Soziale Stadt“. Bei diesen Mitteln seien demnächst seitens Bund und Land drastische Kürzungen zu erwarten, sagt Daniel Beermann vom Verein Soziale Stadt. Die Kommune könne das mit ihrem Anteil nicht kompensieren. Wie es ab 2013 weitergeht, wenn die Mittel auslaufen, weiß auch Rainer Baatz vom Stadtteilmanagement nicht. Zwar seien die größten baulichen Missstände beseitigt, dennoch müsse das Engagement der Vereine und Initiativen erhalten werden.
Mit Aktionen in Potsdamer Kitas beteiligte sich auch die Arbeiterwohlfahrt (Awo) am gestrigen Mittwoch am Antirassismustag. Integration verlaufe unter Kindern meist unproblematisch, hieß es von Awo-Erzieherinnnen. spy
Wer rassistische und rechtsradikale Schmiereien sieht, sollte umgehend die Einsatzzentrale des Potsdamer Ordnungsamts, Tel.: (0331) 289 16 42, die Geschäftsstelle der Sicherheitskonferenz, Tel.: (0331) 289 34 24 oder die Polizei anrufen.
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