
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Zivilprozess um Speicherstadt
Eigentümer wollen Kaufverträge vor Landgericht Bonn auflösen lassen
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Templiner Vorstadt – Es geht um das giftige Holzschutzmittel Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) und viel Geld: Das Landgericht Bonn muss sich mit den Luxuswohnungen im Schinkelspeicher in der Speicherstadt Potsdam beschäftigen. Das bestätigte ein Sprecher des Gerichts den PNN auf Anfrage. Für den 7. März 2012 sei ein Prozess an der 13. Zivilkammer des Gerichts angesetzt.
In der mündlichen Verhandlung wird es nach PNN-Informationen um die Sanierung des Gebäudes durch die Prinz von Preußen Grundbesitz AG (PPG) gehen – und um einige wenige Wohnungen in dem Bau. Deren Eigentümer fordern die Auflösung von Kaufverträgen, bestätigte der Bonner Gerichtssprecher. Details nannte er nicht. Doch dem Vernehmen nach geht es auch um Schadenersatzforderungen, etwa wegen der für den Kauf nötigen Kreditaufnahme und der daraus resultierenden Zinsen. Der Streitwert des kaufrechtlichen Konflikts ist hoch und beträgt mehrere hunderttausend Euro. Die Eigentümer werden von einem Anwaltsbüro in Babelsberg vertreten.
Der Prozess ist für die PPG brisant. Schon im August vergangenen Jahres hatte die PPG für den Schinkelspeicher unter anderem „minimale Belastungen“ mit DDT eingeräumt (PNN berichteten). Der in früheren Zeiten als Holzschutzmittel verwendete Stoff steht unter anderem im Verdacht, Krebs auszulösen. Anwohner hatten mit einem privat beauftragten Gutachten den Schadstoff in Luft und Hausstaub in ihren Wohnungen nachgewiesen. Allerdings sei die Belastung gesundheitlich „unbedenklich“, betont die PPG seither. Dennoch ist das DDT, das aus Holzbalken in dem denkmalgeschützten Bau herrühren soll, zumindest für die jetzigen Kläger keine Petitesse – schließlich zählt die Speicherstadt zu Potsdams kostspieligsten Wohngegenden. Die Eigentumswohnungen dort wurden zu Quadratmeterpreisen zwischen 3500 und 3700 Euro verkauft, pro Wohnung fielen zwischen 300 000 und 500 000 Euro an.
Bei der Forderung nach Rückabwicklung des Kaufvertrags für eine solche Wohnung geht es auch um das gesamte Luxusgebäude: Denn sollte die Klage Erfolg haben, hätte die PPG mit einem Präzedenzfall zu kämpfen. Weitere Klagen von Bewohnern – oder Eigentümern, die sich die Wohnungen als Kapitalanlage sicherten – könnten drohen. Die jetzt klagenden Eigentümer sollen nach PNN-Informationen damit argumentieren, dass die PPG schon vor Verkauf der Wohnungen über die DDT-Belastung Bescheid gewusst habe und dies hätte mitteilen müssen.
Die PPG gibt sich indes unbeeindruckt. Dem Rechtsstreit würde die PPG mit großer Gelassenheit entgegen sehen, hatte ihr Anwalt Jens Eric Gotthardt aus Bonn bereits im Mai mitgeteilt: „Die Erfolgsaussichten von Klagen auf Rückabwicklung von Kaufverträgen stufen wir als äußerst gering bis nicht vorhanden ein.“ Zugleich hatte der Jurist bestätigt, ein Urteil werde „Präjudizwirkung“ haben – jedoch eindeutig zugunsten der Prinz von Preußen AG. Inzwischen gebe es nichts Neues zu berichten, sagte Gotthardt jetzt den PNN auf Anfrage. Er betonte, dass die Kläger zunächst vor das Landgericht Potsdam gezogen seien – und damit schon den „falschen Gerichtsstand“ gewählt hätten.
Ärger gab es im Schinkelspeicher in der Vergangenheit nicht nur um den Schadstoff DDT. Schlagzeilen machte unter anderem auch der Pelzkäfer, der sich in Wohnungen eingenistet hatte – der Schädling frisst Teppiche und Textilien an. Dieses Problem ist aus Sicht der PPG aber erledigt: Bei einer „friedlichen und äußerst entspannten“ Eigentümerversammlung in diesem Monat hätten Anwohner berichtet, sie hätten kein Käferproblem mehr, teilweise auch nie eines gehabt.
Ein anderes Problem am Luxusstandort ist nicht gelöst: Die zuletzt für Ende dieses Jahres versprochene Eröffnung einer Tiefgarage verzögert sich weiter. „Die Baugenehmigung dafür wird aber wohl noch dieses Jahr erteilt“, sagte Gotthardt. Im Mai hieß es dazu, die für die Tiefgarage zuständige Speicherstadt Potsdam GmbH habe für die Bauaufsicht noch Unterlagen nachreichen müssen. Damals hatte die Bauverwaltung in Aussicht gestellt, den Bauantrag nach Klärung der Lage der Garagenzufahrt „in absehbarer Zeit“ zu bescheiden. Zum angepeilten Baubeginn Mitte 2011 kam es aber nicht. Die Verwaltung wollte sich zum aktuellen Stand des Projekts nicht äußern. „Einzelheiten zu laufenden Genehmigungsverfahren sind, wie allgemein bekannt, nicht Gegenstand von Äußerungen der Bauaufsichtsbehörde“, sagte Stadtsprecherin Regina Thielemann. Allerdings lasse die Errichtung der Tiefgarage deutlich länger auf sich warten, „als dies wünschenswert wäre“.
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