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Von Henri Kramer: Zorn in Eisbergstücke

Das geplante Tierheim bei Fahrland bringt Anwohner in Rage – heute gehen sie zur Bürgerversammlung

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Fahrland - Marlies Dibbern ist wütend. „Wir sind hier alle auf 180 – wir sind hierher gezogen, um ruhig unserer Ruhestand verleben zu können und nun setzen sie uns so etwas vor die Tür“ , sagt die Seniorin. Sie meint das geplante Tierheim mit angedocktem Jugendsozialprojekt, das am Ende der Kienhorststraße am Rande des Ortsteils Fahrland entstehen soll.

Das Vorhaben hat den Ortsteil schon jetzt verändert. Im unweit des künftigen Tierheim-Standorts gelegenen Reihen- und Einfamilienhaus-Areal Eisbergstücke hängen an viele Häusern große Plakate. Die Slogans darauf lauten „Hier kein Tierheim“, „Schulweg statt Tierheim“ oder „Kein Tierheim im Wohngebiet“. Eine gegen das Tierheim gegründete Bürgerinitiative hat nach eigenen Angaben rund 300 Mitglieder gewonnen, seit vor einem Monat bekannt wurde, dass auf einem Ausbildungsgelände der Gesellschaft für berufliche Aus- und Weiterbildung mbH (GBA) am Ende der Kienhorststraße das Tierheim entstehen soll. Im Internet mobilisieren die Gegner, heute ab 18 Uhr zur von der Stadtverwaltung einberufenen Bürgerversammlung zum Tierheim in die „Landkantine“ Fahrland in der Ketziner Straße 32d zu gehen: „Das geht uns alle an“.

Auch Sabine Tow (*Name auf Wunsch geändert) wird kommen. Vor vier Jahren ist sie direkt an die Kienhorststraße gezogen, der schmale Betonweg vor ihrem Gärtchen wäre die künftige Zufahrt zum Tierheim. „Ich habe die Sorge, dass diese Straße ausgebaut wird und hier heftiger Verkehr losgeht.“ Auch fürchtet sie möglichen Lärm vom Tierheim. „Hier hat fast jeder in der Nachbarschaft einen Hund.“ Mit einem Tierheim, vermutet sie, würden die Hunde dort mit den Vierbeinern im Viertel in eine Art Bell-Konkurrenz treten – mit lautstarken Folgen. „Ich verstehe nicht, dass die Stadt hier wie schon im Ortsteil Eiche versucht, das geplante Tierheim in die Nähe von Siedlungen zu rücken“, so Tow. Eine Reaktion aus dem Rathaus auf Gegenvorschläge der Bürger für den Tierheimstandort – ein Grundstück an der Marquardter Straße bei Fahrland oder das Sago-Gelände an der Michendorfer Chaussee – habe es bisher nicht gegeben, sagt die ältere Frau.

Auch Dominik Kuropka, Sprecher der Bürgerinitiative und sonst in der Software-Branche tätig, will sich mit dem Tierheim nicht abfinden. Er wirft der Stadt vor, die Entfernung zwischen Tierheim und den ersten Häusern in Eisbergstücke falsch anzugeben: Nur knapp 200 statt 400 Meter habe er gemessen. Bei der heutigen Versammlung, zu der Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) angekündigt ist, will Kuropka nun für die Bürgerinitiative fordern, dass die zwei vorgeschlagenen Alternativstandorte erneut untersucht werden: „Zudem beabsichtigen wir eine rechtlich bindende Einwohnerversammlung einzufordern.“ Damit müssten sich dann auch die Stadtverordneten befassen.

Im Rathaus heißt es unterdessen, bei der Versammlung heute sollten „sachliche Informationen“ gegeben werden, wie Stadtsprecher Stefan Schulz sagt: „Es sollen alle Fragen rund um das Vorhaben auf den Tisch.“ Als Moderator werde der RBB-Journalist Tim Jäger auftreten.

Und tatsächlich ist auch nicht jeder in Fahrland gegen das Tierheim – so etwa ein Ehepaar in der Mitte der Kienhorststraße, das nicht genannt werden will. „Wir glauben, dass Tierheim kann funktionieren – solange hier nicht die Straße ausgebaut werden muss.“ Allerdings seien 90 Prozent der Nachbarn gegen die Pläne. So etwa der Rentner Werner Friedmann, der vor zwei Jahren nach Eisbergstücke gezogen ist: „Wenn das Tierheim hierher kommt, ziehen wir wieder weg.“

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