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Unter ständiger Kontrolle. Der Potsdamer Diskuswerfer Markus Münch musste in diesem Jahr bereits drei Dopingproben über sich ergehen lassen.

© Gerhard Pohl

Sport: Zu ertragende Prozedur

Potsdams Leistungssportler leben mit Dopingkontrollen und wünschen sich diese in allen Ländern

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Diese Meldungen erschütterten am vergangenen Wochenende nicht nur die weltweite Leichtathletikszene: Neun der zehn besten Sprinter der Welt wurden des Dopings überführt (PNN berichteten) – unter ihnen die beiden US-amerikanischen Sprint-Stars Asafa Powell und Tyson Gay.

Namhafte Potsdamer Leichtathleten wie etwa Diskuswerfer Markus Münch vom SC Potsdam zeigten sich schockiert. „Wir haben natürlich im Verein darüber intensiv geredet“, erzählt er. „Einige hatten damit gerechnet, andere wiederum nicht. In jedem Fall waren wir uns einig darüber, dass es für die Leichtathletik extrem schade ist. Unser Sport hat durch solche Leute viel an Sympathie verloren. Man rechnet zwar damit, aber man will es nicht wahrhaben.“

Auch sein Vereinskollege Hagen Pohle wünscht sich geradezu mehr scharfe Kontrollen, um eine Wettbewerbsverschiebung immer mehr zu vermeiden. „Ich finde es gut, wenn man öfter kontrolliert wird“, sagt der Geher. „Denn wenn immer mehr Dopingsünder überführt werden, kann es ja nur gut für die Athleten sein, die unseren Sport sauber angehen. Bei den Europameisterschaften in Tampere war das ein großes Thema – wir waren alle sehr enttäuscht. Es betraf zwar nicht meine Disziplin, aber ich kann mich gut in unsere Sprinter hineinversetzen.“

Der 21-Jährige weiß, wovon er spricht. Als Kaderathlet spürt er die harten Auswirkungen der deutschen Dopingkontrollen an jedem Tag. Denn: Tagtäglich – auch im Urlaub – muss der Potsdamer bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) online nachweisen, wo er sich gerade aufhält. „Am wichtigsten ist es, denen Bescheid zu geben, wo ich übernachte“, erzählt Pohle, der in der vergangenen Woche bei den U 23-Europameisterschaften im finnischen Tampere die Bronzemedaille erkämpfte. „Aber auch über meinen jeweiligen Trainingsort muss ich die Nada unterrichten. Und wenn ich mal für zwei Stunden ins Kino oder etwas länger zur Disko will, will das die Agentur auch wissen. Das ist inzwischen aber zur Alltäglichkeit geworden und es macht mir nichts aus. Schade nur, dass es in anderen Ländern nicht ebenso hart abläuft.“ Manchmal, so erzählt Hagen Pohle, würden die Kontrolleure auch anrufen. „Dann muss ich aber in einer Stunde am Ort sein.“

Davon kann auch Markus Münch ein Lied singen. „Ich bin das seit sieben Jahren gewohnt und lebe damit“, sagt der Diskuswerfer. Am Mittwochabend bestritt er im schweizerischen Luzern einen internationalen Wettkampf, bei dem er mit 60,73 Metern den fünften Platz belegte. „In diesem Jahr hatte ich bereits drei Kontrollen, aber das empfinde ich nicht als störend. Ich würde mir wünschen, dass das weltweit so wie bei uns gemacht wird. Gerade in Ländern, deren Athleten verdächtige Rekorde erzielen. Allerdings würde ich auch für keinen meiner deutschen Kollegen die Hand ins Feuer legen. Aber Deutschland ist meiner Meinung nach führend in der Dopingbekämpfung. Wir tun hier etwas dafür, dass diese noch etablierter wird.“

Der Leitende Landestrainer Kai-Uwe Meier kann das nur unterstützen. Als Bundesstützpunktleiter Leichtathletik in Potsdam hat er wie jeder Trainer eine Anti-Doping-Klausel in seinem Arbeitsvertrag unterschrieben. „Bei einem Fall von Doping könnten wir unsere Abteilung schließen“, sagt der Coach und blickt dabei noch immer auf die Geschehnisse Ende des vergangenen Jahres an der Potsdamer Sportschule zurück. Schüler hatten damals dort gekifft: „Aber auch das steht auf der Dopingliste“, so Meier. „In diesem Fall darf es einfach keine Toleranz geben.“ Jeder Athlet, der sich an der Sportschule für den Leistungssport entscheide, verliere bei einem Dopingvergehen jegliche Förderung und dürfe nicht mehr am Stützpunkt trainieren. Dies müsse jeder Sportler auch unterschreiben – bei minderjährigen Athleten seien die Eltern in die Pflicht genommen.

Den Trainern in Potsdam sind bei Dopingverdacht allerdings die Hände gebunden, denn sie dürfen keine entsprechenden Dopingtests anordnen. Die Bundeskader werden allerdings öfter kontrolliert – die Topleute, so Meier, müssten über ihren gesamten Tagesablauf Auskunft geben. „Manchmal“, so der Cheftrainer, „ist das schon grenzwertig. Wir tun jedenfalls alles dafür, dass Doping bei uns nicht vorkommt.“

Hagen Pohle gönnt sich nach all dem Stress und seiner Bronzemedaille in Finnland jetzt erst einmal eine Pause. Mit einem Sportkollegen macht er sich für zwei Wochen auf nach Israel. Den Urlaub hat er bei der Nada angemeldet. Und da für ihn so bald kein Wettkampf ansteht, wird wahrscheinlich auch kein Kontrolleur nach Jerusalem folgen.

Henner Mallwitz

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