Landeshauptstadt: Zu viel Staub und Gas
Potsdam kann Grenzwerte für Luftverschmutzung nicht einhalten. Im kommenden Jahr drohen Klagen
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Ein halbes Jahr bevor die strengen EU-Grenzwerte verbindlich werden, kommt Potsdam bei der Bekämpfung gesundheitsschädlicher Schadstoffe in der Luft kaum voran. Beim Feinstaub liegen die Messwerte zur Jahresmitte teils deutlich über den Vorjahreswerten zum gleichen Zeitpunkt. Und auch beim giftigen Stickstoffdioxid wird der Grenzwert in der Zeppelinstraße wohl auch in diesem Jahr nicht eingehalten werden.
Spätestens im kommenden Jahr muss Potsdam jedoch die Luft entsprechend einer EU-Richtlinie sauber bekommen. Wenn nicht, rechnen Experte mit Klagen von betroffenen Einwohnern. Die Stadt hat deshalb einen Luftreinhalteplan aufgelegt und dosiert seit zwei Jahren den Zustrom von Autos ins Stadtinnere mit 30 computergesteuerten Ampeln und 50 Messstellen.
Doch das allein scheint noch keinen Erfolg zu haben: Nach den Daten des brandenburgischen Landesumweltamtes wurde der relevante Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm Feinstaub je Kubikmeter Luft in der stark befahrenen Zeppelinstraße im ersten Halbjahr an 23 Tagen überschritten. In der Großbeerenstraße gab es 22 Überschreitungstage seit Jahresbeginn. Zulässig sind im ganzen Jahr aber nur insgesamt 35 solche Überschreitungen. Kurzfristig ist die Belastung allerdings etwas gesunken. Im Mai und im Juni wurde der zulässige Tagesmittelwert an keinem einzigen Tag überschritten.
Trotzdem war 2013 die Belastung deutlich niedriger: Zur Jahresmitte war der Grenzwert in der Zeppelinstraße 18-mal und in der Großbeerenstraße zwölfmal überschritten worden. Folglich wurde die zulässige Höchstzahl auch im Gesamtjahr nicht überschritten. In diesem Jahr wird das wahrscheinlich nicht gelingen, denn im Herbst kommen noch mehrere Monate mit erfahrungsgemäß höherer Feinstaubbelastung. Schon jetzt lag der Mittelwert an mehr Tagen über dem Limit als im gesamten vergangenen Jahr, wie aus den Daten des Landesumweltamtes hervorgeht.
Die Stadtverwaltung gibt die Hoffnung dennoch nicht auf. Es sei zurzeit nicht möglich, eine generelle Grenzwertüberschreitung für 2014 zu prognostizieren, heißt es auf Nachfrage. Die Belastung mit Feinstaub werde überwiegend überregional und durch das Wetter beeinflusst. „Daher ist es schwierig bis nicht möglich, diese Art Schadstofffracht durch die Stadt Potsdam zu beeinflussen“, teilte die Stadtverwaltung mit. Im Klartext: Wenn der Staub aus den polnischen Kohlekraftwerken herüberweht, würde auch ein Fahrverbot nicht verhindern, dass der Grenzwert in Potsdam überschritten wird.
Dass der Potsdamer Feinstaub nicht nur von außerhalb herangeweht wird, kann man an den Messdaten der sogenannten Hintergrundmessstationen sehen, die in Groß Glienicke und am Bassinplatz abseits der Hauptverkehrsstraßen installiert sind. Die Messwerte sind niedriger und es gibt weniger Überschreitungstage. Dennoch ist auch hier die Belastung gewachsen. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass sich die Luftqualität in den stark befahrenen Straßen durch Maßnahmen wie Pförtnerampeln und Tempolimits bessern und der Grenzwert im kommenden Jahr eingehalten wird.
Wieso es im kommenden Jahr besser werden soll, bleibt indes offen. Leicht wird es nicht, denn trotz aller Bemühungen, den Potsdamern den Verzicht auf das Auto schmackhaft zu machen, gibt es in der Stadt immer mehr Autos. In den vergangenen fünf Jahren nahm allein die Zahl der in Potsdam angemeldeten Fahrzeuge von 82 767 im Juli 2009 auf 89 505 zu. Nicht eingerechnet sind dabei die Autos, mit denen Pendler aus Berlin und dem Umland täglich nach Potsdam fahren.
Im April hieß es von der Stadt, es werde geprüft, wie die Luftverschmutzung insbesondere in der stark belasteten Zeppelinstraße gesenkt werden kann. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Die Ergebnisse sollen voraussichtlich im September vorliegen.
Anders als beim Feinstaub ist die Verschmutzung mit Stickstoffdioxid klar auf den Verkehr zurückzuführen – das Gas entsteht als Verbrennungsrückstand und greift Atemschleimhäute an. 2013 gab es bei diesem giftigen Gas in Potsdam eine leicht sinkende Tendenz. Die ist nun zumindest in der Großbeerenstraße gestoppt. In der Zeppelinstraße ist die Belastung mit Stickstoffdioxid in den ersten sechs Monaten 2014 zwar etwas geringer als im Vorjahresschnitt. Wenn es so weitergeht wie bisher, wird der Grenzwert im Jahresmittel aber erneut überschritten. Eingehalten wurde er zuletzt im Jahr 2001.
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