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Im Kreis der Neubürger. Gunter Fritsch (l.) beim Einbürgerungsfest.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Zu viele Zahlen gaben den Ausschlag

Pawel Prokop ist einer von 611 Neubürgern in Brandenburg, die am Sonntag feierlich begrüßt wurden

Von Sarah Kugler

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Der Wunsch nach einem Videotheksausweis gab den entscheidenden Anstoß zur Einbürgerung: Weil seine polnische Ausweisnummer nicht in das Feld des Anmeldeformulars in der Potsdamer Videothek passte, bekam Pawel Prokop keinen Ausleihausweis – und dass, obwohl er schon viele Jahre in Potsdam wohnte. Im Jahr 2013 entschied er sich dann, die Deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen und wurde nun am gestrigen Sonntag beim Zentralen Einbürgerungsfest des Landes Brandenburg als einer von 611 Neubürgern im Land Brandenburg begrüßt.

Seit 2007 veranstalten der Landtag und die Landesregierung jährlich ein zentrales Einbürgerungsfest, das im Sinne einer Kultur der Einbürgerung ein Zeichen des Willkommens und der Anerkennung der neuen Brandenburger setzen soll. Wie Landtagspräsident Gunter Fritsch in seiner Eröffnungsrede betonte, sei Brandenburg sehr stolz, dass so viele neue Bürger hier ihre erfolgreiche Zukunft sehen. Er rief alle Neubürger auf, von ihrem erhaltenen Wahlrecht bei der Landtagswahl am 14. September Gebrauch zu machen und dazu beizutragen, dass Radikalen der Wind aus den Segeln genommen wird. „Sie alle bringen unser Land voran“, so Fritsch. „Gemeinsam wollen wir zeigen, dass Europa kein Ort für Nationalismen und Ideologien von gestern ist.“

Die im Jahr 2013 neu eingebürgerten Brandenburger stammen aus insgesamt 71 Staaten, unter anderem aus Russland, der Türkei, dem Vietnam, Polen und der Ukraine. Mit 333 Personen ist dabei mehr als die Hälfte im Alter unter 35 Jahren eingebürgert worden. Etwa ein Viertel war sogar unter 20 Jahre alt, davon sechs Kinder unter fünf Jahren. Zu der Altersgruppe ab 50 Jahren gehören 80 Personen. Von den 611 Neubrandenburgern leben die meisten, nämlich 158 Personen, in Potsdam.

So wie Pawel Prokop, der auch zu den 225 Personen gehört, die ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten durften. Im Alter von 16 Jahren kam der 1978 in Warschau geborene Potsdamer zu einem Schüleraustausch in Bonn das erste Mal nach Deutschland. Schon damals lernte er seine jetzige Frau, mit der er inzwischen zwei Söhne hat, kennen und lieben. Im Jahr 2000 kam er als Erasmus-Student zurück und studierte an der Freien Universität zu Berlin Politikwissenschaften und Germanistik. Schon als Student lebte er in Potsdam und entschied sich 2002, in der Landeshauptstadt zu bleiben. Für die endgültige Einbürgerung entschied er sich dann aber erst zwölf Jahre später. „Der Videotheksausweis war dabei natürlich nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte“, erzählte er am Sonntag lachend. „Es erleichtert den Alltag einfach in so vielen Lebenslagen.“ So musste er sich bisher immer mit einer Meldebescheinigung so groß wie ein DIN-A4-Blatt ausweisen und durfte nicht in Deutschland wählen gehen. „Es ist schon schön, dass ich jetzt auch Einfluss nehmen kann, was hier passiert“, so Prokop. Auch seine nun doppelte Staatsangehörigkeit sei für ihn sehr wichtig, wie er am Sonntag sagte. „Für mich ist es der Schlüssel zum Europadenken“, so der 36-Jährige, der für „Engagement Global“ in Berlin arbeitet. „Ich gehöre einfach zu beiden Ländern und das muss man auch akzeptieren, wenn man auf ein einheitliches Europa zusteuern möchte.“ In Deutschland sieht das Gesetz vor, dass Staatsangehörige von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder der Schweiz ihre bisherige Staatsangehörigkeit bei einer Einbürgerung in Deutschland zwar aufgeben können, aber nicht müssen.

Mit dem vorgeschriebenen Einbürgerungstest hatte Prokop aufgrund seiner akademischen Vorbildung keine Probleme. „Man muss schon sagen, dass ich eine Sonnenschein-Einbürgerung durchlaufen habe“, gibt er lachend zu. „Ich hatte nie Probleme mit den Behörden oder mit meinen Mitbürgern.“

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