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Aus dem GERICHTSSAAL: Zugbegleiter in Nöten

Aus Frust über Verspätung Bier und Jägermeister getrunken, dann Auto gefahren

Stand:

Michael M. (50, Name geändert) ist Zugbegleiter bei der Deutschen Bahn. Sein Alkoholproblem ist dem Arbeitgeber bekannt. Als der Potsdamer eines Tages beschwipst zum Dienst erschien, wurde er suspendiert. Seit September 2006 besucht er regelmäßig eine Selbsthilfegruppe für Alkohol- und Drogenabhängige, um dem Trinken endgültig abzuschwören. Monatelang rührte der Familienvater keinen Tropfen an. Inzwischen wurde er auch wieder eingestellt. Am 9. Juli dieses Jahres hatte Michael M. dann einen Rückfall. Und der brachte ihn prompt auf die Anklagebank des Amtsgerichts. Der Bahnmitarbeiter wurde am Schlaatz mit knapp zwei Promille in seinem Skoda aus dem Verkehr gezogen. Dafür kassierte er 1500 Euro Strafe sowie ein zehnmonatiges Fahrverbot.

„Ich fühle mich in vollem Umfang schuldig“, bekannte der Angeklagte zu Prozessbeginn. Doch eine Verkettung unglücklicher Umstände habe ihn in jener Nacht erneut schwach werden lassen. „Zuerst gab es Stress mit einem Kollegen. Dann hatte mein Zug 20 Minuten Verspätung. Er hätte eigentlich um 0.15 Uhr in Wannsee ankommen müssen. Nachdem ich die Abrechnung fertig gemacht hatte, war die letzte Bahn nach Potsdam weg. „Ich hätte über drei Stunden warten müssen“, so Michael M. Aus Frust darüber habe er vier Flaschen Bier und zwei Jägermeister konsumiert. Geld, um sich mit dem Taxi nach Hause bringen zu lassen, habe er nicht gehabt. Da sei ihm sein Auto eingefallen, das in einer stillen Seitenstraße parkte und normalerweise auch dort stehen bleiben sollte. „Der Skoda ist mein wichtigster Besitz. Ich hatte plötzlich Angst, dass ihn jemand stehlen könnte“, begründete der Mann den Griff zum Zündschlüssel. Schließlich sei ihm schon einmal das Autoradio entwendet worden. Richterin Waltraud Heep wunderte sich. „Ist Wannsee ein so gefährliches Pflaster? Wie alt ist ihr Auto denn?“, fragte sie. Der Angeklagte gab zu, sein Gefährt sei eigentlich schon recht bejahrt. „Es sieht allerdings nicht so aus.“ Es sei seine erste Alkoholfahrt gewesen, beteuerte der Familienvater. Die Vorsitzende traute ihm nicht recht. „Wer zehnmal unter Alkohol fährt, wird in der Regel nur einmal erwischt“, plauderte sie aus dem Nähkästchen. „Die Polizei hat mir den Führerschein an Ort und Stelle abgenommen. Das hat mich sehr hart getroffen“, monierte Michael M. „Man muss doch mobil sein.“ Der Angeklagte werde in der nächsten Zeit auch privat auf öffentliche Verkehrsmittel umsatteln müssen, konterte die Vorsitzende. „Die Fahrerlaubnissperre ist sowieso rein theoretischer Natur. Bevor Sie wieder ans Steuer eines Autos dürfen, müssen Sie den so genannten Idiotentest bestehen. Und das wird sehr schwer.“ Hoga

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