
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Zum Feierabend in die Kita
Der Potsdamer Wojtek Pronobis visualisiert Immobilien in 3D und gründete eine Plattform für Audio-Loops.
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Potsdam - Wenn Wojtek Pronobis morgens um neun in seine Firma geht, ist der Arbeitsweg nicht weit. Vom Erdgeschoss seines Wohnzimmers steigt er die Holztreppe hoch bis in die dritte Etage, vorbei an der an der Wand hängenden E-Gitarre und einem Kruzifix – einer Erinnerung an die Jahre, in denen er im oberbayrischen Chiemgau lebte. Im Dachgeschoss ist es hell und geräumig, hier setzt sich Pronobis an seinen Schreibtisch mit dem großen Monitor und lässt Wohnhäuser, Hotels oder Geschäftsimmobilien entstehen.
Residesign heißt die Marke, die der 38-jährige Unternehmer vor wenigen Monaten unter dem Dach seiner Firma treasureGROUP GmbH gegründet hat. Ihr Kerngeschäft ist die 3D-Visualisierung von Immobilien. Seine Kunden sind Bauherren, Architekturbüros oder Immobilienmakler. Alles, was Wojtek Pronobis benötigt, um auf seinem Monitor ein verblüffend realistisch wirkendes Gebäude wachsen zu lassen, ist dessen Grundriss und die Anzahl der Stockwerke. „Ich ziehe Wände hoch, setze Fenster ein, gestalte die Fassade und andere Details“, erklärt Pronobis. „Zum Schluss entsteht ein komplettes Bild, mit Menschen, Bäumen und Autos.“ Etwa eine Woche benötigt er für eine realitätsnahe 3D-Visualisierung mit mehreren Ansichten aus unterschiedlichen Perspektiven. Auch ein Lageplan der Umgebung mit Cafés, Sehenswürdigkeiten oder Einkaufsmöglichkeiten gehört zum Portfolio von Residesign. Dafür zieht Pronobis durchaus auch Kartenansichten von Google Maps zurate.
Residesign ist nicht das erste Projekt, das der Wahlpotsdamer, der seit vier Jahren im Potsdamer Norden lebt, aus der Taufe gehoben hat. Dabei ist sein beruflicher Werdegang ungewöhnlich: Nach der zehnten Klasse ging er von der Schule. „Ich hatte keine Lust auf das Abitur.“ Computer, Animationen, Musik, Internet, Illustration – das waren die Dinge, die ihn begeisterten und denen er seine Zeit widmen wollte.
Der Start ins Arbeitsleben begann mit 18 Jahren mit einem Praktikum in seiner Heimatstadt Düsseldorf – in einer Agentur, die sich auf Fachzeitschriften im Textilbereich spezialisierte. „Ende der 90er- Jahre veränderte sich gerade vieles im Berufsbild des Mediendesigners. Man stellte zum ersten Mal Menschen frei und fügte sie in Collagen neu zusammen“, erklärt Pronobis. Damals startete er seine ersten Versuche mit 3D-Animationen und Visualisierungen – und fing Feuer. Der Chef der Firma wirkte als Mentor. Für den jungen Berufseinsteiger ein Glücksfall: Denn dieser hatte einen ähnlichen Lebenslauf gewählt. Nach Stationen in weiteren Agenturen und Konzernen arbeitete Pronobis schließlich als Freelancer für unterschiedliche Auftraggeber, programmierte, illustrierte, plante das Layout für Broschüren. „Ich habe in der Praxis gelernt, worauf es ankommt“, sagt er.
Die Gitarre an der Wand verrät die heimliche Leidenschaft von Wojtek Pronobis: die Musik. 2011 wagte er sich an ein erstes Projekt, das er als Unternehmer im Musikbereich verwirklichen wollte. Mit treasureLOOPS schuf er eine Plattform im Internet, auf der Musiker professionelle Audio-Loops und Samples anbieten und kaufen können. Die Plattform läuft, doch zum Leben reiche es nicht, gibt Pronobis zu. „Es ist schwer, sich ohne große Investitionen auf dem internationalen Markt zu behaupten“, erklärt er. Doch das Projekt sei eine „Herzensangelegenheit“ – und ausbaufähig.
Pronobis ist nicht nur Unternehmer, er ist auch Vater. Seine Frau arbeitet in Berlin und ist jeden Tag fast zwölf Stunden unterwegs. Der Arbeitstag passt sich dem des Kindes an: Er beginnt, nachdem Pronobis seinen Sohn in die Kita gebracht hat und endet, wenn es gegen fünf Uhr Zeit wird, den Kleinen abzuholen.
Ist es nicht schwierig, den Wohn- und Arbeitssitz unter einem Dach zu haben? Gerade, wenn ein kleines Kind zum Haushalt gehört? Der Unternehmer winkt ab. Die Zweifachbelastung ist für ihn kein Problem: „Mein Sohn geht ja in die Kita“, sagt er entspannt. Und seitdem er jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Kita fahre, sei er auch kaum noch krank. Auch wenn am Abend noch ein Auftrag dringend fertig werden muss, sind Vater und Sohn ein eingespieltes Team. „Dann lasse ich ihn eben noch ein wenig am Tablet spielen.“
So schön und bequem es ist – irgendwann möchte Wojtek Pronobis das heimische Arbeitszimmer im Potsdamer Norden dann doch gegen ein Büro mit eigenen Mitarbeitern eintauschen. „Eine Agentur in der Innenstadt wäre schon toll“, sagt er. An Visionen für neue Projekte und den Ausbau der bereits bestehenden mangelt es ihm jedenfalls nicht. Eine Crowdfundingidee steht bereits in den Startlöchern. „Es geht um ein Hardwareprojekt“, sagt Pronobis, der keine Scheu davor hat, Neues auszuprobieren. Doch mehr möchte er noch nicht verraten.
www.residesign.net
www.treasureloops.com
Heike Kampe
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