Landeshauptstadt: Zum Geburtstag Selbstgemaltes vom König
Friedrich Wilhelm IV. zeichnete gern und gut. Tausende Bilder waren es insgesamt. Ein ganz besonderes wird jetzt in Berlin versteigert
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Mit Tusche und Bleistift hat er gezeichnet – zarte Linien auf vergilbtem Papier. Knapp zwölf mal 18 Zentimeter ist das Bildchen groß, eine verträumte, mediterrane Landschaft, die König Friedrich Wilhelm IV. für seine Nichte Prinzessin Luise, Tochter seines Bruders Wilhelm, anfertigte. Am 3. Dezember 1848 wurde Luise zehn Jahre alt, die Zeichnung ihres königlichen Onkels war ein Geburtstagsgeschenk. Jetzt wird sie vom Berliner Auktionshaus Grisebach versteigert, fast auf den Tag genau 155 Jahre nach dem königlichen Kindergeburtstag.
Dass der Monarch derart künstlerisch begabt war, war seinen Mitmenschen durchaus bewusst: „Unglaublich ist sein Genie fürs Zeichnen“, berichten historische Quellen vom Hofe. Tausende Bildchen fertigte der König im Laufe seines Lebens, malte Bauwerke und Landschaften, skizzierte Kunstwerke, Kostüme, fertigte Illustrationen zu Geschichten, entwarf Festtagsdekorationen und kunstvolle Speisekarten. Eigenständige Bilder wie diese Landschaftsansicht waren allerdings eher selten. Bei Hofe sammelte und hütete man die Werke, auch der König selbst achtete darauf, dass nichts verloren ging.
„Gleich nach seinem Tode publizierte die Königinwitwe die schönsten Blätter des Königs in einem Buch, so hoch wurde das künstlerische Genie des Königs geschätzt“, sagt Stefan Körner, Kunsthistoriker vom Auktionshaus Grisebach, über das Hobby des Königs. Auch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten besitzt einige Zeichnungen von Friedrich Wilhelm IV. in ihrer Sammlung, beispielsweise eine Bauskizze mit der Figur eines Königs und schnörkeliger Kritzelei, genauestens beschrieben als „Entwurf für den Grundriss des Hofgärtnerhauses bei Charlottenhof; Königsdarstellung; Schnörkel auf der Basis von ‘R‘ und ‘B‘, um 1828/1829“, und eine fantasievolle Federzeichnung zeigt ein Meer halbnackter Leiber und Schlangen, in der Mitte eine bedrängte Frauengestalt. „Canaillen Dienstag“ nannte der König dieses Bild. Insofern könnte das nun aufgetauchte Bild für die Stiftung interessant sein, um die Sammlung zu erweitern.
Das Haus Grisebach bekam die Zeichnung aus einer norddeutschen Privatsammlung. Prinzessin Luise, spätere Großherzogin von Baden, hatte das Bild dem preußischen Kammerherrn Baron Otto von Tettau geschenkt, von dem es 1916 in jenen Privatbesitz gelangt war. Ein kleiner Zettel auf der Rückseite hält die Geschichte seit etwa 1890 genau fest, sagt Stefan Körner, auch ein Beweis, dass es sich um ein authentisches Bild handelt, ebenso wie die Signatur FW für Friedrich Wilhelm. Um sicher zu gehen, ließ man das Bildchen außerdem von einem Sammlungsexperten der Schlösserstiftung begutachten und zog Vergleichsobjekte heran.
Entstanden ist die Skizze in Sanssouci, seinem Lieblingsschloss, das hat der König höchstpersönlich auf dem unteren Bildrand vermerkt. Friedrich Wilhelm IV., genannt der Romantische (1775 – 1861), war das älteste Kind von Friedrich Wilhelm III. und dessen geliebter Luise. Er galt einerseits als schüchterner junger Mann aber auch als begabt und aufgeweckt. Bereits als Kind erhielt er Zeichenunterricht. Die jetzt angebotene Zeichnung drücke seine Sehnsucht nach der Ferne aus, meint Stefan Körner, nach einem romantischen, harmonischen Ort jenseits der politischen Wirren in Berlin, Nachwehen der Märzrevolution.
Vielleicht wollte er sich auch manchmal wegträumen von seinem Kindheitstrauma der Napoleonischen Kriege, deutet Stefan Körner die Landschaftsskizze. Der König habe sich stets nach diesem Arkadien mit südlicher Sonne gesehnt. Und so malte er riesige Pinien mit ausladenden, Schatten spendenen Kronen in einer verspielten Wasserlandschaft – inklusive einer romantischen Gondel. Am Ufer, am Fuße eines Berges, deuten Säulen den Weg zu einem Palast an.
Das vergilbte aber gut erhaltene Blättchen, eine kleine Kostbarkeit, wird am kommenden Donnerstag bei der Herbstauktion des Auktionshauses Grisebach versteigert – zusammen mit vielen weiteren außergewöhnlichen Kunstobjekten, insgesamt 1294 Werke. Geschätzter mittlerer Wert: 18 Millionen Euro, heißt es. Der Einstiegspreis für Friedrich Wilhelms Malerei liegt bei etwa 4000 Euro, für welche Summe es jedoch tatsächlich an einen neuen Besitzer geht, hänge letztlich ab vom Bietergefecht. „Wer am meisten Interesse hat, ist der Glückliche“, sagt Stefan Körner.
Noch bis morgigen Mittwoch 14 Uhr ist eine Vorbesichtigung möglich, die Versteigerung findet am Donnerstag um 11 Uhr statt, im Berliner Auktionshaus Grisebach, Fasanenstraße 25, 27 und 73.
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