
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Zum Leben erweckt
Fünf Klappmaulpuppen auf der Suche nach dem Glück: Was Ute Bräunling beim Theaterspiel entdeckte
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Die Augen leuchten blau, unter der Spitzenhaube quellen die blonden Haare hervor, eine altmodische Brosche ziert den Kragen des karierten Kleides. Ihr Name ist Isabella und mit ein paar Handgriffen weckt Ute Bräunling die Puppe zum Leben – dann schaukelt der Kopf der Dame versonnen, in der rechten Hand hält sie einen Kaffee. Auch Ute Bräunlings Augen leuchten, wenn sie ihre Puppe sprechen lässt. Schnell ist klar: Das Puppenspiel hat auch in der 40-Jährigen etwas zum Leben erweckt. „Ich wusste ja gar nicht, wie kreativ ich sein kann“, sagt sie.
Am heutigen Donnerstag steht Ute Bräunling gemeinsam mit vier anderen Frauen auf der Bühne im Bürgerhaus am Schlaatz. „Viele Wege zum Glück“ heißt das Stück, das die fünf Frauen mit ihren „Klappmaulpuppen“ in den vergangenen Monaten mit der Theaterpädagogin Chica Schmidt entwickelt haben. Es ist eines von 47 Projekten aus dem Programm „Stärken vor Ort“, mit dem Menschen aus den Stadtteilen Stern, Drewitz und Schlaatz unterstützt werden sollten. Das Geld kam vom Bundesfamilienministerium und dem Europäischen Sozialfonds.
Profitieren sollten Frauen in schwierigen Situationen – wie Ute Bräunling. Seit ihre Tochter vor fünf Jahren geboren wurde, ist die chemisch-technische Assistentin ohne Job: Denn das Kind sitzt im Rollstuhl, braucht intensive Pflege. „Das Theaterprojekt war genau das Richtige für mich, um außer Haushalt, Therapie und Pflege mal etwas für mich zu machen“, sagt die Potsdamerin.
Zwei Stunden pro Woche traf sie sich dafür mit den anderen Teilnehmerinnen. Was sie zunächst als „Frauengesprächsrunde“ erlebte, entwickelte sich immer mehr in Richtung Theaterarbeit. Die Frauen fanden ein Thema für ihr Stück, entwickelten Charaktere, bastelten Puppen und Bühnenbild. „Mein Ziel ist, die übertriebene Ehrfurcht vor dem Theater zu nehmen“, sagt die Theaterpädagogin Chica Schmidt: „Spielen kann jeder.“
Um die fünf Figuren hat die Gruppe nun eine Theater-Collage entwickelt – ein Stück für Erwachsene, das auch kindertauglich ist. Isabella ist dabei eine Frau aus dem Mittelalter, der eine Zwangsheirat bevorsteht. Hilfe bekommt sie durch eine ebenso selbstständige wie gehetzte Neuzeit-Frau. „Glück ist für jeden etwas anderes“, sagt Ute Bräunling: „Da gibt es kein Rezept.“
Dass das Projekt ihr Selbstbewusstsein gestärkt hat, glaubt man der lebhaften Frau sofort: „Da ist der Stolz, etwas vollbracht zu haben“, sagt sie: „Für mich war das psychisch wie physisch ein Gewinn.“ Denn auch Übungen zur Körperhaltung oder zum deutlichen Sprechen gehörten dazu. Die Theaterarbeit hat ihr auch Kraft gegeben, weiter für die Schulbildung ihrer Tochter zu kämpfen. Trotz Rollstuhl soll sie 2012 eine „normale“ Grundschule beginnen. Nicht selbstverständlich, wie die Mutter bereits erfahren hat: „Da gibt es eine wahnsinnige Bürokratie“.
„Viele Wege zum Glück“ ist heute 17 Uhr im Bürgerhaus am Schlaatz, Schilfhof 28, zu sehen. Dort werden bis 20 Uhr auch weitere Projekte präsentiert. Eine zweite Aufführung gibt es am 21. Dezember 17 Uhr im Gemeindesaal der Hoffbauerstiftung, Hermannswerder 7. Der Eintritt ist frei.
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