
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Zum Stein eine Stele
Eine Delegation aus Armenien kündigte beim Besuch des Potsdamer Lepsiushaus ein besonderes Geschenk zu Ehren des Theologen an
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Nauener Vorstadt – Johannes Lepsius hätte sich über das Geschenk für seinen Garten wohl gefreut: Einen armenischen Kreuzstein, einen Chatschkar. Der Parlamentspräsident der Republik Armenien, Hovik Abrahamyan, kündigte gestern bei einem Besuch des Lepsiushauses in der Großen Weinmeisterstraße das Geschenk an, das Lepsius Sammlung erweitern soll. In Begleitung des armenischen Botschafters in Deutschland, Armen Martirosyan, besuchte gestern eine Delegation der armenischen Nationalversammlung die Gedenkstätte am Fuße des Potsdamer Pfingstberges.
Der Vorsitzende vom Lepsiushaus e.V. Hans-Ulrich Schulz führte die Gäste zu einem großen eiszeitlichen Gedenkstein, der bereits auf dem Grundstück zu finden ist. Auf dessen Rückseite ist ein armenisches Kreuz eingemeißelt. „Ich schlage vor, dass wir zu dem deutschen Kreuzstein auf der anderen Seite des Hauses einen armenischen Kreuzstein aufstellen“, sagte Abrahamyan beim anschließenden Gespräch. Bei einem „echten“ Chatschkar handelt es sich nicht um einen Findling wie bei dem „deutschen“ Stein, sondern um eine kunstvolle Stele mit eingravierten Kreuzen. Es ist in der Regel ein eindrucksvolles künstlerische Objekt.
Anlass des Besuches ist der 20. Jahrestag der Gründung der Republik Armenien am 20. September. Am heutigen Dienstag findet in Berlin aus diesem Grund ein Konzert, zu dem Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) eingeladen hat, statt. Als Präsident der Nationalversammlung der Republik Armenien nimmt Abrahamyan daran teil und nutzt die Gelegenheit, die im Mai eröffnete Gedenkstätte für Lepsius zu besuchen. „Es ist für uns eine große Ehre, solch einen deutschen Freund zu haben“, sagte der Parlamentspräsident über Lepsius. Er wolle alles tun, damit dessen Werk in den armenischen Schulen bekannt gemacht werde. Der evangelische Theologe Johannes Lepsius (1858-1926) hatte den Völkermord an den Armeniern, welche das Osmanische Reich 1915 bis 1917 im Schatten des ersten Weltkrieges verübte, dokumentiert.
Rolf Hosfeld, für den Inhalt der Ausstellung verantwortlich, führte die Gäste durch die Gedenkstätte unter anderem an die Schautafel, die das Attentat auf einen der Hauptschuldigen des Völkermordes, den ehemaligen Innenminister des osmanischen Reiches Talaat Pascha beschreibt. Der junge Armenier Salomon Teilirian hatte Talaat Pascha im März 1921 auf der Berliner Hardenbergstraße erschossen. Der Attentäter hatte als 18-Jähriger unter einem Leichenberg liegend überlebt. Sensationell war dessen Freispruch nach zweitägiger Verhandlung vor dem Schwurgericht des Landgerichts Berlin. Johannes Lepsius war in dem Prozess als Sachverständiger aufgetreten.
Den Völkermord erkennen die Nachfolger des osmanischen Reiches bis heute nicht an. In der Gedenkstätte steht auf einer Schautafel die Begründung: „Als Folge armenischer Aufstände und Kollaboration von Armeniern mit Russland im Vorfeld und während des 1. Weltkriegs sei die Umsiedlung der armenischen Bevölkerung eine kriegsbedingte legitime Sicherheitsmaßnahme gewesen. Die Zahl der Toten gehe in erster Linie auf Epidemien und marodierende Banden zurück.“ Günter Schenke
Günter Schenke
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