Landeshauptstadt: „Zum Tricksen aufgefordert“
Ablehnung, Bedauern und Zustimmung: Stimmen zum Fall „Jana Schulze“ von der Montagsdemo
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Innenstadt – Am Fall „Jana Schulze“ schieden sich auf der Montagsdemo die Geister. Die Meinungen unter den fast 30 Teilnehmern reichten gestern Abend am Platz der Einheit von Unterstützung bis zur Ablehnung des Verhaltens der Linken-Politikerin. ZDF-Journalisten hatten Schulze dabei gefilmt, wie sie einem vermeintlichen Hartz-IV-Paar gesetzeswidrige Tipps gab (PNN berichteten).
„Ich hätte so etwas nicht gemacht“, erklärte Horst Jäkel vom Potsdamer Aktionsbündnis gegen Hartz IV. „Wir wollen Menschen Mut machen, für ihr Recht zu kämpfen“, so Jäkel: „Wir würden auf keinen Fall raten, etwas Ungesetzliches zu machen.“ Er bedauere den Vorfall.
„Dumm gelaufen“, meinte auch Jürgen Weber vom Hartz-IV-Betroffenen e.V.: „So etwas würde mir in meiner Beratung nicht passieren.“ Der Kampf gegen Hartz IV „sollte doch im Rahmen des gesetzlichen bleiben“, erklärte Weber. Angesichts der „sowieso schon fast lächerlichen Regelsätze“ brachte er aber auch Verständnis für Schulze auf: „Man ist ja fast schon zum Tricksen aufgefordert.“
Volles Verständnis für Schulzes Beratung zeigte dagegen Hans-Georg Schmidt. In der Debatte um die Anstiftung zum Sozialbetrug gehe es wieder einmal „gegen die Armen, denen das Wenige, was sie haben, durch den räuberischen Staat weggenommen wird“, sagte Schmidt, Mitglied der DKP. Der größte Sozialbetrug sei Hartz IV selbst: „Hartz IV muss weg“, rief er den Montagsdemonstranten zu und erntete Applaus und Sirenengeheul. Unterstützung bekam er dafür von Karl Friedrich: „Dieses System an sich ist Perversion“, sagte der 17-Jährige, der seit zwei Jahren an den Montagsdemos teilnimmt. Wenn Gesetzesbruch der einzige Weg sei, sich einen „halbwegs richtigen Lebensstandard“ zu sichern, unterstütze er das. „Wichtig ist, dass Hartz weg soll“, sagte eine Demonstrantin, die nicht namentlich in der Zeitung stehen will: „Alles andere ist Nebensache.“
„Dieses Gesetz muss weg“, bekräftige Linken-Landtagsabgeordnete Anita Tack in ihrer Rede die Position ihrer Partei zu Hartz IV. Auf die Sozialberatungs-Affäre ging sie nicht ein. Sie berichtete vom geplanten Volksbegehren für ein Sozialticket. Die Einführung eines ÖPNV-Tickets für sozial Schwächere, für das im Rahmen einer Volksinitiative bereits 33 000 Unterschriften gesammelt wurden, werde am morgigen Mittwoch im Landtag abgelehnt: „Das lassen wir uns nicht gefallen.“ Jana Haase
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