Stadtwerke-Affäre in Potsdam: Zunächst keine Ermittlungen
Kein Anfangsverdacht der Untreue: Gegen die drei zurückgetretenen oder suspendierten Geschäftsführer der Stadtwerke Potsdam und ihrer Töchterunternehmen wird nicht ermittelt. Allerdings wartet die Staatsanwaltschaft noch auf einen Abschlussprüfbericht.
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Potsdam - Die mutmaßlich überhöhten Gehälter und Vorwürfe der Vetternwirtschaft bei den Stadtwerken haben strafrechtlich zunächst keine Folgen. Laut den derzeit vorliegenden Unterlagen bestehe kein Anfangsverdacht der Untreue gegen die drei zurückgetretenen oder suspendierten Geschäftsführer der Stadtwerke und ihrer Tochterunternehmen Energie und Wasser Potsdam (EWP) sowie Stadtentsorgung (Step), sagte der Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft, Christoph Lange, am Dienstag. Allerdings warte man noch auf den für Mitte oder Ende Juli angekündigten Abschlussprüfbericht der Kanzleien, die die Stadtwerke mit der Prüfung der Vorwürfe betraut haben. Wenn sich daraus neue Anhaltspunkte ergeben, könnten gegebenenfalls doch Ermittlungen eingeleitet werden, so Lange.
Die Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft beruhten vor allem auf Zwischenberichten der Kanzleien Ignor & Partner sowie Raue aus Berlin zu zivil-, arbeits- und strafrechtlichen Folgen der über die Jahre exorbitant gestiegenen Entlohnung der Ex-Step-Prokuristin Petra V., einer Vertrauten des 2011 geschassten Stadtwerke-Chefs Peter Paffhausen. Wirtschaftsprüfer hatten bereits im März festgestellt, dass V. von diversen Step-Geschäftsführern – zuletzt Holger Neumann und Enrico Munder – zwischen 2004 und 2014 unter anderem Mehrvergütungen in Gesamthöhe von 476 091 Euro zugesprochen worden waren, an allen Gremien vorbei. Das letzte Jahresgehalt von V. betrug 2014 – mit allen Zuwendungen – knapp 160 000 Euro. Speziell zum mittlerweile freigestellten EWP-Chef Neumann hatte Ignor & Partner in ihrem Zwischenbericht, Stand 25. Mai, festgestellt, es bestünden „zahlreiche Anhaltspunkte“ für Ermittlungen wegen Untreueverdachts zum Nachteil der Step. So könnte Neumann als kaufmännischer Geschäftsführer gegen seine Vermögensbetreuungspflicht verstoßen haben, sollten die „vielfachen Gehaltserhöhungen und zusätzlichen Leistungen“ für V. nicht gerechtfertigt sein, stellen die Juristen fest. Neumann hatte die Vorwürfe in einem Brief an den EWP-Aufsichtsrat bestritten.
„Die ökonomische Sinnhaftigkeit haben wir nicht zu beurteilen“
Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Lange erklärte, es sei zunächst unternehmerische Freiheit, die Höhe von – auch marktunüblichen – Löhnen zu bestimmen. „Die ökonomische Sinnhaftigkeit haben wir nicht zu beurteilen.“ Die Grenze zur Untreue sei erst erreicht, wenn ein Unternehmen durch zu hohe Löhne in Schieflage gerate. Diese Auffassung beruhe auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), so Lange.
Kein Anfangsverdacht bestehe auch gegen den Mitte Juni zurückgetretenen Stadtwerke-Chef Wilfried Böhme, bestätigte Lange. Ihm war ein Werkvertrag über 5000 Euro monatlich für die Bauschlosserei eines Schwagers zum Verhängnis geworden. Das Finanzamt prüft, ob Scheinselbstständigkeit vorlag und die Stadtwerke deswegen noch fällige Sozialabgaben samt Strafen zahlen müssen. Auch die Prokuristin Petra V. befindet sich im Visier von Ermittlern. Die bei Korruptionsdelikten zuständige Staatsanwaltschaft Neuruppin prüft Ermittlungen gegen sie, weil sie ihr Eigenheim von einer Baufirma planen ließ, an die sie bei der Step Aufträge vergab.
Kann den drei Ex-Stadtwerke-Managern gekündigt werden?
Von den Abschlussberichten der von den Stadtwerken zur Aufklärung aller Vorgänge beauftragten Juristen hängt ab, ob den drei früheren Stadtwerke-Managern gekündigt werden kann. Derzeit sind sie bis ins nächste Jahr hinein bei vollen Bezügen freigestellt. Ihre Jahresgehälter lagen, ohne Boni, 2013 je bei zwischen 130 000 und 200 000 Euro. Inzwischen ist eine neue Geschäftsführung mit Managern aus der kommunalen Bauholding Pro Potsdam sowie dem Leiter des Rechnungsprüfungsamts im Rathaus eingesetzt.
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