Landeshauptstadt: Zurück zum Barock
1740 errichtetes Holländerhaus Benkertstraße 22 erhält dreigeschossige Portaldekoration zurück
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Historisch gesehen ist der Potsdamer Amtsmann Friedrich Wilhelm Plümicke (1705 - 1760) für das Wegsterben seiner Viehherde gut entschädigt worden. Höchstpersönlich schenkte ihm der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. das Haus Benkertstraße 22 nebst Hofraum und Garten – „wegen des anno 1736 erlittenen großen Schafesterbens“, wie der Bauhistoriker Norbert Blumert in alten Unterlagen recherchierte. Somit ging Plümicke nicht allein als Sohn des Potsdamer Bürgermeisters Martin Plümicke (1660 - 1734) in die Geschichte ein. Er wurde vielmehr auch Erstbesitzer jenes Hauses, welches als erstes seit seiner Erbauung 1740 im Holländischen Viertel in den nächsten Wochen wieder eine neue dreigeschossige barocke Portaldekoration komplett zurückerhält. Gestern begannen die Arbeiten mit dem Anbringen der unteren Torverkleidung, nach etwa einem Monat soll die Benkertstraße 22 gegenüber dem Potsdam-Museum wieder in alter originaler Pracht auferstanden sein. Initiator ist nach PNN-Informationen Günther Jauch, Besitzer des aus roten Rathenower Ziegeln erbauten Traufenhauses, der sich auf PNN-Anfrage gestern nicht äußerte.
Die 2006 im Potsdamer „Jahr der Architektur“ begonnene Sanierung des Gebäudes soll Blumert zufolge Ende März enden. In Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Architekturbüro Bernd Redlich wurde das Mauerwerk umfangreich saniert, die Holzbalkendecken repariert, ebenso der Dachstuhl. Die Fassade zur Straße wird „rebarockisiert“, Höhepunkt der Arbeiten ist die Wiederanbringung der bis unters Dach führenden Portaldekoration.
Seit 1977 wurden Blumert zufolge im Holländischen Viertel bereits acht historische zweigeschossige Eingangsverzierungen restauriert, so an der Benkertstraße 19 und 20 oder der Gutenbergstraße 72. Doch der ursprüngliche Eindruck des zwischen 1732 und 1740 errichteten „Holländischen Quarrées“ mit einst bis zu 51 Portal- und Fensterdekorationen lasse sich heute nur noch erahnen. Bereits im 19. Jahrhundert wurden die kunstvoll verzierten Portale oftmals von den Hausbesitzern entfernt oder die Beseitigung sogar von der Baupolizei angeordnet. Die Fassaden strahlten fortan eine gewisse Nüchternheit aus, schrieb Friedrich Mielke 1960, nach Einschätzung Blumerts „der wohl profundeste Kenner der Potsdamer Baukunst“. Auch die Tordekoration der Benkertstraße 22 wurde bereits im 19. Jahrhundert restlos abgenommen. „Sogar die schweren massiven, aus Kiefern- und Eichenholz gefertigten Korbbogenzargen der Portalachse, aber auch alle übrigen Fensterzargen aus der Erbauungszeit hatte man aus der straßen- und hofseitigen Fassade entfernt“, schreibt Bauhistoriker Blumert in einem Gutachten. Grund war der Einbau gründerzeitlicher Kastendoppelfenster.
Wie Blumert herausfand, war die Fassade des Hauses in der Benkertstraße 22, ehemals Creutzstraße, um das Jahr 1900 herum vollständig verputzt worden. Eine denkmalpflegerisch engagierte Vorbesitzerin, Frau Narr, befreite das Gebäude Ende der 60er Jahre wieder vom Putz, denn es sollte wieder ein „Holländerhaus“ werden und nicht den Gebäuden in der Brandenburger Straße gleichen.
Am morgigen Donnerstag, dem 22. Februar, hält Norbert Blumert ab 19 Uhr im „Jan Bouman Haus“, Mittelstraße 8, einen Vortrag über „Jan Bouman und das unvollendete Holländische Viertel von 1752 an der Französischen Kirche“.
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