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Traumaufgabe Sakralbau: Jost Haberland vor seinem Entwurf für den Gebetsraum der Potsdamer Synagoge.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Zurückhaltend selbstbewusst

Der Berliner Architekt Jost Haberland über seinen Sieger-Entwurf für die neue Potsdamer Synagoge

Stand:

Der Berliner Jost Haberland ging als Sieger aus dem Architektenwettbewerb zum Bau der neuen Potsdamer Synagoge hervor. 26 Architekturbüros hatten es in die Endrunde geschafft, aus der eine namhaft besetzte Jury den Entwurf des gebürtigen Kielers auswählte. Guido Berg sprach mit dem 43-jährigen Preisträger.

Sie wirken noch etwas überrascht. Sie haben nicht damit gerechnet, den Architekturwettbewerb für die neue Potsdamer Synagoge zu gewinnen?

Wettbewerbe, bei denen wir uns große Chancen ausrechnen, sie zu gewinnen, verlieren wir häufig. Bei diesem Wettbewerb – in Anbetracht der prominenten Aufgabe und der großen Konkurrenz, allein was die Qualität der Kollegen angeht – haben wir damit überhaupt nicht gerechnet.

Verändert Sie dieser erste Preis?

Für mich ist es eine absolute Traumaufgabe, eine Synagoge, einen sakralen Raum, zu entwerfen. Das ist die Traumaufgabe eines Architekten überhaupt. Der erste Preis verändert nun ganz viel: Wir betreten völliges Neuland mit dem Synagogenbau. Aber am Anfang meiner Karriere stand auch ein Wettbewerbsgewinn aus heiterem Himmel. Damals hatte ich noch gar kein Büro und habe den Auftrag bekommen. Das war der Start in die Selbstständigkeit.

Was war das für ein Projekt?

Eine Schule in der Schweiz. Das ist das Schöne an unserem Beruf, dass es von heute auf morgen neue Aufträge und damit völlig neue Weichenstellungen geben kann, die den gesamten Lebenslauf beeinflussen.

Nun konkret zum Synagogen-Projekt: Wie kamen Sie eigentlich zu Glindower Ziegeln als Fassadenmaterial?

Wir haben lange überlegt, haben über Naturstein-Verkleidungen nachgedacht, haben über das Thema Klagemauer nachgedacht, was hier ja auch bei den Mitbewerbern auftaucht. Wir haben das aber dann ganz bewusst verworfen, weil die gesamte Umgebung eigentlich aus Putzbauten besteht, aus einfachen Häusern und wir die Synagoge als Stadtbaustein sehen, als ein großes Stadthaus oder als Palais. Nur eben mit dieser ganz speziellen Nutzung. Wir haben ein Material gesucht, das den ganz profanen Stadthaus-Charakter, aber auch sakralen Charakter haben kann. Backstein kann man für Industriebauten wie für Kirchen verwenden, wie man es in Potsdam bei Schinkel, Persius und Stüler erleben kann. Es gibt ja die gesamte Backstein-Gotik, Backstein ist ein ganz traditionelles Material für den Sakralbau.

Es gibt Leute, die sagen, Ihr Haus passt sich nicht ein in die Umgebung. Es ist ja etwas größer als die benachbarten Bürgerhäuser.

Eine Synagoge ist etwas ganz Besonderes. Es kann sich nicht einpassen, mit einem ganz normalen Satteldach, wie ein ganz normales Stadthaus. Es ist ein herausragendes öffentliches Gebäude, ein sakrales und monumentales Gebäude. Bei allem Respekt vor dem Maßstab der Stadt haben wir ein kubisches Gebäudevolumen entworfen, was eine starke Ausdruckskraft haben wird, was sich aber in den Stadtgrundriss einfügt. Es ist eigentlich beides: Es fügt sich ein, ist aber trotzdem sehr selbstbewusst.

Es gibt Kritiker, denen hat Ihr Entwurf zu wenig kirchliche Ausstrahlung. Es fehle an Zeichen und Symbolen des Judentums.

Wir haben uns demonstrativ zurückgehalten mit jüdischen Symbolen, die plakativ nach außen dringen – einfach aus Respekt vor der jüdischen Tradition. Wir hatten natürlich auch gewisse Unsicherheiten, wie wir damit umgehen. Wir können uns aber durchaus vorstellen, auf eine dezente Art und Weise jüdische Schriftzeichen einfließen zu lassen. Es gibt ja keine allgemeine Typologie, wie eine Synagoge auszusehen hat. Synagogen waren ja immer sehr im Verborgenen, deshalb passt das zurückhaltende Erscheinungsbild unseres Entwurfs, finde ich, auch sehr gut.

Einige Ihrer Kollegen haben die Synagoge direkt auf die Ecke Schlossstraße/Friedrich-Ebert-Straße geplant. Sie folgten der Verlockung nicht, obwohl es der repräsentativere Standort wäre.

In der Auslobung hieß es, dass neben der Synagoge ein zusammenhängendes Restgrundstück übrig bleiben soll. Wir haben den im Masterplan vorgesehenen Standort beibehalten aus der Logik heraus, dass es ein ganz normales Haus an der Straße werden soll. Wir können uns sehr gut vorstellen, dass es so ganz beiläufig an dem eigentlich sehr schönen Ort Schlossstraße 1 stehen wird.

Wie haben Sie sich auf die Ausschreibung vorbereitet? Haben Sie sich mit dem Judentum beschäftigt?

Wir hatten das Glück, dass wir früh angefangen haben und sehr lange an diesem Wettbewerb arbeiten konnten. Intensiv haben wir uns mit der architektonischen Frage des Synagogenbaus auseinandergesetzt. Aber wir haben keinen Fachberater in Sachen Judentum gehabt. Wir werden jetzt die Synagoge im Dialog mit der jüdischen Gemeinde weiter entwickeln und die speziellen Fragen, die sehr differenziert sind, klären.

Sie hatten keinen Fachberater, da ist es um so erstaunlicher, wie positiv Mitglieder der jüdischen Gemeinde auf einzelne Details ihres Entwurfs reagieren. Zum Beispiel wird der Dachgarten mit den Mandelbäumen darauf, auf dem das jüdische Laubhüttenfest gefeiert werden kann, sehr gemocht.

Das freut uns sehr, dass die jüdische Gemeinde, die das Haus nutzen wird, hinter unserem Entwurf steht. Die Idee der Freifläche auf dem Dach ist einfach der geringen Größe des Grundstücks geschuldet. Wir haben uns aber auch sehr gerne vorgestellt, dass das Fest mit Blick über die Stadt stattfinden kann.

Haben Sie in der Architektur Vorbilder?

Ja viele, klassische, etwa die Potsdamer Schule mit Schinkel und Persius. Ansonsten bin ich aufgrund meines beruflichen Werdegangs der Schweizerischen Schule verpflichtet: Daher vielleicht auch meine Vorliebe zu traditionellem Städtebau mit traditionellen Materialien und dem Respekt vor gewachsenen Stadtstrukturen und der Tradition der europäischen Stadt – aber alles in einer modernen, reduzierten Formensprache.

Wie geht es jetzt weiter mit dem Synagogenbau? Was sind die nächsten Schritte?

Jetzt muss das Vergabeverfahren abgeschlossen werden. Dann wird die Bauherrenseite, die aus dem Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen, dem Synagogenbauverein und der jüdischen Gemeinde besteht, auf uns zukommen.

Sie sprechen immer im Plural. Wer sind „wir“? Wer ist in Ihrem Team?

Haberland Architekten, das sind meine Frau Nadja Haberland, unsere Mitarbeiter und ich. Wir stellen sehr gerne Absolventen der Fachhochschule Potsdam ein. Ich habe das Glück, dass ich seit mehreren Jahren zwei hochqualifizierte Absolventen der Potsdamer Fachhochschule beschäftige. Beide haben einen sehr hohen Anteil an dem Wettbewerb und dem Erfolg.

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