Evangelische Kirche in Potsdam: Zuwachs trotz Austritten
Potsdams evangelische Kreiskirche profitiert vom Zuzug. Doch viele Gläubige wenden sich auch ab.
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Potsdam - Trotz einer gleichbleibend hohen Zahl von Austritten wächst die evangelische Kirche in der Region Potsdam. Das sagte Potsdams Kreiskirchenchef, Superintendent Joachim Zehner, am Rande der aktuellen Frühjahrssynode des Potsdamer Kirchenkreises. Demnach waren in den Potsdamer Gemeinden sowie den Umlandkommunen Werder (Havel), Caputh, Geltow und Bergholz-Rehbrücke im vergangenen Jahr knapp 26 350 evangelische Christen organisiert, rund 90 mehr als noch 2015. Der Anstieg komme vor allem durch den anhaltenden Zuzug nach Potsdam zustande, so Zehner.
In seiner Rede vor den Synoden-Teilnehmern beklagte Zehner aber auch ausdrücklich die aus seiner Sicht hohe Zahl an Austritten aus der Kirche. 336 Mitglieder hätten sich 2016 von der Potsdamer Kirche abgewandt, so Zehner: „Diese Zahl ist bedrückend.“ Zum Vergleich: Vor rund zehn Jahren hatte es noch circa 130 Austritte pro Jahr gegeben. Zehner begründete die Entwicklung so: „Die Menschen gehen, wenn sie jung sind und das Geld knapp.“ Es gehe vor allem um steuerliche Gründe, so Zehner gegenüber den PNN. Daher müsse auch deutlicher werden, was mit den Kirchensteuern geschehe. „Wir finanzieren viele Dienste für sehr viele Menschen.“
Als aktuelle Beispiele nannte Zehner ein neues Konzept für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Kirchenkreis. Unter dem Namen „Vive“ gehe es unter anderem darum, jungen Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund Zugang zu religiöser Bildung zu verschaffen. Zudem wolle man das Konzept für die Kirchenmusik in der Region Potsdam neu gestalten. Zehner verwies auch auf vielfältige Hilfsangebote für Flüchtlinge, etwa aus der Babelsberger Gemeinde heraus. Zudem blicke er optimistisch auf den geplanten Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche, so Zehner. Der Baustart ist bekanntlich für Oktober geplant. Im vergangenen Herbst hatte die Synode des evangelischen Kirchenkreises ein zinsloses Darlehen über 250 000 Euro bewilligt. Inzwischen gebe es eine „beeindruckende Spendenbereitschaft“ für das Projekt – das allerdings auch auf heftigen Widerstand stößt. Doch er wisse nur von zwei Austritten, die mit dem Wiederaufbau in Zusammenhang stünden, sagte Zehner.
Mit Sorge blickte Zehner auf den Zustand der Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Diese verliere – auch durch den demografischen Wandel – jeden Monat 1700 Gemeindeglieder. Das entspreche der Größenordnung der Potsdamer Friedenskirchengemeinde. „Das ist schlimm“, so Zehner. Geradezu dramatisch aber sei, „dass dieser Sachverhalt in den kirchenleitenden Gremien nicht diskutiert wird. Dass keine Maßnahmen ergriffen werden“. Dabei bestehe eine große Sehnsucht – gerade bei Erwachsenen – nach dem Glauben.
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