Von Dania Ringeisen: „Zwei Araberpferdchen“ vom König
Bei Führungen im Schloss Charlottenburg wird Bescherung im Haus Hohenzollern lebendig
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Berlin - Gabentische und hell erleuchtete Tannenbäume - auch im preußischen Königshaus hatte das Weihnachtsfest in von Tradition und Etikette gezogenen Grenzen eine große Bedeutung. „Die Prinzessinnen stürzten alle herüber, um die Festlichkeit zu bewundern. Endlich wurde nach einer langen Galerie geschritten, in welcher die Tische aufgebaut waren. Sie formierten eine schön erleuchtete Allee“, berichtete 1830 die zweite Frau von König Friedrich Wilhelm III., Auguste Fürstin von Liegnitz, in einem Brief an ihre Schwägerin. Weihnachtsführungen im Berliner Schloss Charlottenburg und Schloss Paretz nahe Potsdam lassen derzeit für Besucher die Festtage im Hohenzollernhaus lebendig werden.
„Der Weihnachtsbaum war festlich mit Kerzen, Lebkuchen und vergoldeten Nüssen geschmückt. Die zahlreichen und kostbaren Geschenke wurden schön drapiert und die Familie versammelte sich im großen Festsaal“, schwärmt Matthias Marr, Kastellan des Schloss Paretz. Marr und sein Berliner Kollege Rudolf Scharrmann erzählen anhand von Briefen und Erinnerungsstücken, wie das Weihnachtsfest seit dem 18. und vor allem im 19. Jahrhundert am Hof gefeiert wurde. „Weihnachten war ein Fest der Familie und Kinder, jedoch geprägt von der Etikette und religiöser Bedeutung“, betont Scharrmann.
Die Hohenzollern waren eines der bedeutendsten deutschen Fürstengeschlechter und stammten ursprünglich aus dem schwäbischen Raum. Von 1411 bis zum Ende der Monarchie 1918 regierten sie das Gebiet von Brandenburg-Preußen. Bereits in ihrer Tradition schmückte ein Tannenbaum als Hauptrequisit den festlichen Saal. „Bei Wilhelm II. bekam jedes Familienmitglied, seine Gemahlin und die sieben Kinder, einen eigenen Weihnachtsbaum, der in seiner Größe entsprechend dem Alter abgestuft war“, erzählt Scharmann.
Von einem Weihnachtsmann ist in Aufzeichnungen der Hohenzollern übrigens nichts zu lesen, das Christkind brachte den Mitgliedern des preußischen Königshauses die oft sehr kostbaren Geschenke. So berichtete Auguste Fürstin von Liegnitz ihrer Schwägerin detailliert von allen Gaben, die sie von ihrem Ehemann Wilhelm III. geschenkt bekam: „Ich erhielt vom König zwei niedliche Vasen von Silberbronze mit gewachsten Blumen“, freute sich die Fürstin.
Auch die Kinder wurden reichlich mit Geschenken wie Puppen, Holzspielzeug und Kleidern bedacht. In einem Brief lässt sich die Freude von Victoria Luise, Tochter Wilhelms II., über die „größte Überraschung“, von der sie „immer geträumt“ hatte, nachlesen. Bei der Bescherung im Schloss Charlottenburg öffneten sich die Türen des Festsaals und herein trabten „zwei entzückende kleine Araberpferdchen“. Die Jungen erhielten dagegen oft, mit Blick auf ihre zukünftige militärische Laufbahn, Uniformen. Auguste Victoria, die letzte deutsche Kaiserin, organisierte alljährlich am Nachmittag für das Personal eine eigene Bescherung mit Geschenken wie Lebensmittel, Seife oder Gebäck.
Gespeist wurde an einer festlich gedeckten Tafel im engeren Familienkreis. Von Wilhelm IV. ist sogar die Speisekarte des Weihnachtsessens von 1853 überliefert. „Das Menü war sehr erlesen, so wurden unter anderem Austern, Trüffel, Schweinefilet, Kalbsbraten und Patisserie gereicht“, schwärmt Scharmann. Teile des kostbaren Speiseservices, auf dem die Köstlichkeiten angerichtet wurden, können Besucher im Oberen Runden Saal des Alten Schlosses von Charlottenburg bestaunen.
Bei Friedrich Wilhelm III. und seiner Gemahlin Luise nahm der Heiligabend eine zentrale Stellung ein. Das Paar wurde am 24. Dezember 1793 im Weißen Saal des Berliner Stadtschlosses getraut und feierte am Heiligabend in Schloss Paretz ausgiebig Hochzeitstag und Weihnachtsfest in einem. „Luise unternahm in jedem Jahr mit ihrem Gemahl kurz vor dem 24. Dezember einen Ausflug zum Berliner Weihnachtsmarkt in der Breiten Straße rund um das Berliner Schloss. Dort wurden Geschenke für die Kinder oder Naschereien für den Weihnachtsabend gekauft“, erzählt Marr. Durch den Vorbildcharakter des Königspaares hätte sich die Weihnachtstradition auch auf das Volk übertragen und sei zu dem heutigen Fest herangereift, betont der Kastellan. Und auch die Vorfreude auf den Heiligabend war die Gleiche wie heute. Auguste Fürstin von Liegnitz schrieb ebenfalls im Jahr 1830, sie könne es kaum erwarten, dass „endlich der große Tag heranrückt“.
Dania Ringeisen
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