Aus dem GERICHTSSAAL: Zweifel an der Schuldfähigkeit des Angeklagten
Die Dolmetscherin übersetzt den Redefluss von Iwan I. (Name geändert) im Schweiße ihres Angesichts.
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Die Dolmetscherin übersetzt den Redefluss von Iwan I. (Name geändert) im Schweiße ihres Angesichts. Amtsrichterin Monika Holk fordert den Angeklagten auf, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Nach zwei Stunden Verhandlung drängt der Staatsanwalt den Mann, endlich zum Kern der Vorwürfe zu kommen. Der in Potsdam lebende Moldawier soll im Frühjahr 2006 auf Bitten von Personen, die er im Internet kennenlernte, ein Girokonto bei der Deutschen Bank eingerichtet haben. Von den dort eingehenden Beträgen habe er weisungsgemäß 95 Prozent per Western Union Money Transfer nach Russland überwiesen, fünf Prozent, wie vorher vereinbart, als Provision für sich behalten. Laut Anklage hätte Iwan I. erkennen müssen, dass die auf seinem Konto eingehenden Gelder aus Straftaten stammten.
Er habe sich nur einmal zu solch einer Aktion hinreißen lassen, nicht dreimal, wie angeklagt, berichtet der offensichtlich Kranke schwitzend. Und das auch nur, weil er auf einen gewissen Wladimir* hereingefallen sei. Der habe ihm per Internet einen Job angeboten. Weisungsgemäß habe er ein Konto bei der Bank eröffnet, was ohne große Schwierigkeiten vonstatten gegangen sei, so Iwan I. (37). Später sei er von Wladimir per E-Mail informiert worden, er habe ihm 1500 Euro überwiesen. Von diesem Geld – abzüglich seiner fünf Prozent – sollte er bei Ebay Fotoapparate ersteigern. Dann habe er allerdings den Anruf einer perfekt deutsch sprechenden Person bekommen, die ihn fragte, ob er die auf seinem Konto eingegangene Überweisung nach Russland transferieren könne. Dort sollten von dem Geld hauchdünne Tücher aus Ziegenwolle eingekauft und in Deutschland gewinnbringend veräußert werden. Von dem Erlös sollten dann Digitalkameras erworben und nach Russland geschickt werden. Allerdings habe es Probleme mit der Überweisung des Geldes gegeben, so Iwan I. Da die Deutsche Bank bereits geschlossen hatte, sei er nach Berlin gefahren, um das Geld mit seiner Kreditkarte an einer Western-Union-Transfer-Filiale zu überweisen. Das habe nicht funktioniert. Später habe er das Geld bei der Deutschen Bank abgehoben und bei der Post am Platz der Einheit an die ihm genannten Adresse nach Russland geschickt. „Ich dachte, es handelt sich um Arbeit und nicht um Betrug“, beteuert Iwan I.
Nach mehrstündiger Verhandlung hegen Staatsanwalt und Richterin Holk Zweifel an der Schuldfähigkeit des Moldawiers. Es wird beschlossen, den Mann psychiatrisch begutachten zu lassen. Die Verhandlung wird ausgesetzt. Hoga
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