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Sport: Zweimal bei den Olympischen Spielen Zum 75. Geburtstag des einstigen Potsdamer Rekordläufers und Meistertrainers Friedrich Janke

Man nannte ihn den „Fuchs“, weil sein taktisches Repertoire als Läufer groß war. Das half Friedrich Janke, fast ein Jahrzehnt lang in der nationalen und internationalen Langlaufszene ganz vorn mitzumischen.

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Man nannte ihn den „Fuchs“, weil sein taktisches Repertoire als Läufer groß war. Das half Friedrich Janke, fast ein Jahrzehnt lang in der nationalen und internationalen Langlaufszene ganz vorn mitzumischen. 1962 wurde er Vize-Europameister über 10 000 Meter, heute feiert er in Potsdam seinen 75. Geburtstag.

Erst mit 22 Jahren konnte Friedrich „Fritz“ Janke beginnen, als Leichtathlet wirklich zu trainieren. Am 19. April 1931 im polnischen Skowrodniza geboren, landete er mit seiner Familie durch Vor- und Nachkriegswirren über Cottbus, Magdeburg und Stendal im Herbst 1945 in Lindstädter Horst. Dort wurde Janke Knecht bei einem Bauern; in seinem SVK-Ausweis – dem Arbeitsbuch der DDR – stand später , dass er von 1949 bis 1951 „Landwirtschaftlicher Lehrling“ gewesen sei. Doch dem Flüchtlingsjungen behagte das Schuften rund um die Uhr in der Landwirtschaft nicht, und als die Kasernierten Volkspolizei-Bereitschaften die Werbetrommel rührten, ließ er sich überreden. So landete Janke Anfang der fünfziger Jahre auf der Offiziersschule in Naumburg. Die Sportausbildung lag ihm: Hatte er einmal einen Waldlauf der Polizei gewonnen, gab es drei Tage Sonderurlaub. Das gefiel Fritz Janke, den auch die Rundfunkreportagen von den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki beeindruckten. Der Tscheche Emil Zatopek gewann damals drei Goldmedaillen, und der Solinger Herbert Schade hatte ihm Paroli bieten können.

Das imponierte dem Offiziersschüler Janke, der nun dreimal in der Woche trainierte. 1953 wurde er zum ZSK „Vorwärts“ nach Potsdam eingeladen, ab Januar 1954 trainierte er dort unter Trainer Curt Eins. Eins hatte das Intervalltraining Zatopeks und das des Ungarn Igloi spezifiziert. Während Zatopek in zwei Einheiten 100 Intervalle über jeweils 400 Meter lief, reduzierte der Potsdamer Coach das Training auf zweimal 25 mal 400 Meter. Die Potsdamer liefen ihre Abschnitte allerdings wesentlich schneller als die „tschechische Lokomotive“.

Janke aber klagte. Er mochte gerne lange Waldläufe, Trainer Eins beordert seine Männer jedoch auf die Aschenbahn. Mit den Besten der Trainingsgruppe Günther Havenstein oder Lothar Beckert konnte Janke zunächst nicht mithalten. „Wenn ich meine Intervalle so ehrgeizig, manchmal verbissen wie Hans Grodotzki und Hermann Buhl gelaufen wäre, hätte ich das ganze Pensum gar nicht durchgehalten“, erinnert sich Fritz Janke heute. „Hans und Hermann liefen auch noch das 30. Intervall um die Wette. Im Wettkampf aber schlug ich ihnen ein Schnippchen.“

In nur zwei Jahren überholte der Neu-Potsdamer alle deutschen Läufer. Als Janke im Herbst 1956 den Deutschen Rekord Herbert Schades auf 14:04,6 Minuten verbesserte, nahm ihn Max Danz, der Präsident des bundesdeutschen DLV, mit zu den Olympischen Spielen nach Melbourne. Die Sektion Leichtathletik der DDR– der spätere DVfL – wurde damals international noch nicht anerkannt. Auch Trainigskamerad Lothar Beckert gelang 1956 die Nominierung. Er war im Herbst mit 2:21:45 Stunden eine sehr gute Deutsche Marathonbestleistung gelaufen und kam in Australien auf Platz 19. Fritz Janke aber wurde dort eine fiebrige Erkältung nicht los und schied über 5000 Meter als Sechster im Vorlauf aus.

1957 ging es für Janke trotzdem wieder voran. Als erster Deutscher drückte er über 5000 Meter den Deutschen Rekord mit 13:52,0 Minuten unter die 14-Minuten-Marke. Über 10 000 Meter verbesserte er im direkten Vergleich mit Emil Zatopek den letzten Rekord Herbert Schades. Dem guten Jahr folgte ein mittelprächtiges: Bei den Europameisterschaften 1958 wurde er Sechster.

Dann aber folgte sein vielleicht bestes Jahr. 1959 gewann Friedrich Janke alle seine Länderkampfläufe souverän. Höhepunkte waren die Länderkämpfe gegen England und gegen Polen. In London triumphierte Janke über die lange Strecke, der Länderkampf wurde insgesamt knapp verloren. Ein Jahr später kehrte sich das Ergebnis um; der Potsdamer gewann auch da, ließ den Engländern Eldon und Pirie keine Chance. Beim Länderkampf gegen Polen 1959 in Berlin entschied sich Janke kurzerhand für einen 800-Meter-Endspurt, da Dauerrivale Kazimierz Zimny das Tempo herausnahm. Er gewann so mit dem Deutschen Rekord von 13:42,4 Minuten vor Zimny und seinem Potsdamer Trainingskameraden Hans Grodotzki. 7,4 Sekunden vom Weltrekord entfernt, war Fritz Janke nun viertbester 5000-Meter-Läufer aller Zeiten.

1960 sollte es so bleiben. Allerdings lautete die Reihenfolge im olympischen Endlauf über 5000 Meter Peter Halberg (Neuseeland) vor Hans Grodotzki (Deutschland), Kazimierz Zimny (Polen) und Friedrich Janke (Deutschland). Ein Erfolg allemal für Janke. Seine Einzelmedaille holte sich der „Fuchs“ bei den Europameisterschaften 1962 in Belgrad, wo er seinem Spitznamen alle Ehre machte. Der sowjetische Olympiasieger Pjotr Bolotnikow war wie die Feuerwehr gestartet, nur Janke war ihm gefolgt. Noch bei Kilometer acht schien alles entschieden. Vorn kämpften ein Russe und ein Deutscher um Gold, dahinter trabte der Rest Europas um Bronze. Da brach Bolotnikow, der Weltrekordler, ein. Die Verfolger kamen immer näher, Janke übernahm die Spitze, forcierte das Tempo enorm – und übernahm sich. Bis auf eine Sekunde kamen die Verfolger heran, ehe Bolotnikow in 28:54,0 Minuten vor dem Potsdamer (29:01,6) und dem Briten Roy Fowler (29:02,0) gewann.

Da er die Olympiateilnahme 1964 nicht schaffte, beendete Friedrich Janke Ende des Jahres seine aktive Laufbahn, in der er – Cross- und Hallenmeisterschaften mit eingerechnet – auf 24 Titel kam. Dazu kamen fünf gesamtdeutsche Rekorde auf der Bahn sowie eine Hallenweltbestleistung über 3000 Meter. Auch mehrere DDR-Rekorde über die Hindernisse gehören zur Bilanz Jankes, der fortan seine Erfahrungen als Trainer weitergab.

Seine Laufbahn als Trainer begann in Cottbus. Schon bevor Janke sein Sportlehrerdiplom an der DHfK abschloss, hatte er Erfolg: Sein Schützling Ulli Hobeck wurde Junioren-Europameister über 2000 Meter Hindernis. 1972 gewann Gunhild Hoffmeister in München Olympia-Bronze und -Silber. Danach ging es zurück nach Potsdam. Während sich Bernd Dießner um die Mittelstreckler kümmert, übernahm Friedrich Janke die Langstreckenläufer. Uwe Koch wurde unter seiner Regie 1986 DDR-Meister im Marathonlauf, Frank Heine lief die 10 000 Meter in einer Zeit von 27:42 Minuten. Nicht zu vergessen Marathonläuferin Uta Pippig, die er Mitte der achtziger Jahre betreute. Und Ulrike Klapezynski, die aber bald seinen Assistenztrainer Jürgen Bruns heiratete und sich von selbigen trainieren ließ.

Nach der politischen Wende wurde Major Friedrich Janke von der Bundeswehr übernommen; bis zu seinem Vorruhestand 1992 sortierte er im ehemaligen Ministerium in Strausberg Akten der NVA. Und bis in die späten neunziger Jahren vermittelte er weiter sein Wissen als Trainer auf Honorarbasis.

Wenn Friedrich Janke, der bis zum heutigen Tag nie ernsthaft krank war, auf ein erfülltes Leben zurückschaut, hat Frau Edith, die er 1957 in Oberhof heirate, daran den größten Anteil. Die Töchter Birgit und Solveig sowie Sohn Holger schenkten Fritz und Edith vier Enkel. Sie alle und viele Freunde wie sein einstiger Mitstreiter Lothar Beckert sowie seine früheren Trainerkollegen Lothar Hillebrand und Hans-Joachim Pathus werden heute gratulieren. Auch die PNN schließen sich allen guten Wünschen an.

Hans Groschupp

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